• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Weltweit posten Frauen schwarz-weiße Selfies auf Instagram – über sechs Millionen Bilder mit dem Hashtag "ChallengeAccepted" gibt es mittlerweile. Auf den ersten Blick geht es um weibliches Empowerment – doch ursprünglich steckt viel mehr dahinter: In der Türkei wird der Hashtag genutzt, um gegen Morde an Frauen zu demonstrieren.

Bei #ChallengeAccepted nominieren sich Frauen in sozialen Netzwerken gegenseitig dazu, Selfies von sich in Schwarz-Weiß auf Instagram hochzuladen. Sie wollen sich bestärken und unterstützen, sich weltweit miteinander solidarisieren. Mittlerweile gibt es mehr als sechs Millionen Posts mit dem Hashtag.

Auch viele Prominente sind dabei, darunter auch Jennifer Aniston. Sie schreibt zu ihrem Schwarz-Weiß-Foto: "Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich dieses #ChallengeAccepted Ding nicht … aber wer liebt es nicht, Frauen zu unterstützen!" Und damit ist sie nicht alleine. Viele wissen nicht, was wirklich hinter dem Hashtag steckt.

Femizide in der Türkei

Der Ursprung des Hashtags ist zwar nicht ganz klar, aber vieles deutet daraufhin, dass er in der Türkei liegt. In einem viel beachteten Post auf Instagram erklärt der User @beelzeboobz, dass die Challenge dort entstanden sei. Jeden Tag werden in der Türkei schwarz-weiß Fotos von Frauen veröffentlicht, die umgebracht wurden. #ChallengeAccepted soll darauf aufmerksam machen. Denn das sind keine tragischen Einzelfälle, laut der Organisation "We Will Stop Femicide" sind 2019 in der Türkei 430 Frauen ermordet worden.

Der Mord an Pinar Gültekin

Eine der ermordeten Frauen ist Pinar Gültekin. Der Mord an der Studentin Anfang Juli hat für landesweite Proteste in der Türkei gesorgt. Seitdem demonstrieren Frauen auf der Straße und in den Sozialen Medien, erzählt Banu Güven. Sie ist türkische Journalistin und lebt in Deutschland. Ihr Heimatland hat sie wegen regierungskritischer Berichterstattung verlassen müssen.

"Sie wurde von einem Mann, der sie zu einer Beziehung zwingen wollte, brutal ermordet. Seitdem demonstrieren Frauen in der Türkei auf der Straße und in den sozialen Medien."
Banu Güven, Journalistin

Kein ausreichender Schutz für Frauen

Oft werden die Bilder zusätzlich mit dem Hashtag #IstanbulConventionSavesLives versehen, so Banu Güven. Der Grund: Viele befürchten, dass die "Istanbul Konvention" abgeschafft werden könnte: Das Abkommen des Europarates von 2011 hat unter anderem das Ziel, Frauen vor Gewalt in der Ehe zu schützen. Die Türkei hat es ratifiziert, doch es wurde nicht richtig implementiert, sagt die Journalistin. Das sei ein Grund, warum noch immer so viele Frauen ermordet werden.

"Wenn die Konvention richtig implementiert werden könnte, dann würden wir heutzutage von niedrigeren Zahlen bei Frauenmorden reden."
Banu Güven, Journalistin

Die Konvention ist konservativen Gruppen in der Türkei ein Dorn im Auge, meint Banu Güven. Auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan fürchte, das Abkommen könnte den islamischen Werten im Lande schaden. Würde die Konvention ganz abgeschafft, wäre das wäre für die Frauen in der Türkei sehr schlimm, sagt die Journalistin. Viele wollten das nicht akzeptieren und machen deshalb mit bei der Challenge.

"Es ist ein Kampf, auf den sich die Frauen mutig einlassen."
Banu Güven, Journalistin

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
#ChallengeAccepted auf Instagram
Die traurige Geschichte hinter den Schwarz-Weiß-Selfies
vom 30. Juli 2020
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Banu Güven, Journalistin