Cavit ist lange ein Außenseiter: Seine Mutter ist bei den Zeugen Jehovas und unterbindet alles, was nicht mit ihrer Glaubensgemeinschaft zu tun hat. Cavit darf kein Karneval in der Schule mitfeiern und auch keinen Kontakt zu anderen Mitschüler*innen in der Freizeit haben.
Mit 14 hat Cavit davon genug, er packt seine Sachen und zieht zu seinem Vater. Der legt ihm 150 Euro auf den Tisch und fährt erstmal für ein paar Wochen auf Dienstreise. Cavit ist auf sich gestellt und genießt die Freiheit. Bei einem Jugendtreff lernt er eine neue Clique kennen, er fängt an zu kiffen und zu dealen.
"Da die Frage häufig gestellt wurde, wo wir das nächste Gras herbekommen, war das für mich die Chance herauszustechen."
Cavit rutscht ab
Er fängt an zu klauen, kifft immer mehr und nutzt das Haus seines Vaters in dessen Abwesenheit für riesige Partys. Als der Vater einmal nach einer Dienstreise zurück kommt, ist sein Haus renovierungsbedürftig.
"Und dann habe ich ihm (...) gebeichtet, dass ich Drogen nehme, dass ich Drogen verkaufe und dass ich da raus will. (...) Er hatte sofort eine Lösung. Er hatte einen Plan."
Cavits Vater schickt ihn zu Verwandten in die Türkei, um Abstand zu bekommen. Dort beschäftigt sich Cavit mit dem Islam, merkt aber auch, dass er sich dem Christentum und der Bibel verbundener fühlt. Als er nach fünf Monaten wieder nach Deutschland zurückkehrt, sucht Cavit eine Gemeinschaft, die ihm Halt bietet. Er findet sie in einer freikirchlichen Gemeinde.
"Ich wusste wieder, was ich will. Ich wollte ein guter Mensch werden. Ein Mensch, der sich um andere Menschen bemüht und kümmert. Ein Mensch, der Verantwortung übernimmt."
Cavit widmet sich dem Bibelstudium. Er heiratet, bekommt drei Kinder und startet beruflich durch – als technischer Projektbegleiter und Coach.
Heute ist Cavit 33 Jahre alt, und die Religion spielt immer noch eine wichtige Rolle für ihn. Er ist nicht mehr so stark in eine Gemeinde eingebunden wie früher. Dafür hat er jetzt seine Familie und gute Freunde, bei denen er Halt findet.
Die ganze Geschichte hört ihr hier oder im Podcast.
Wir erzählen Eure Geschichten
Habt ihr etwas erlebt, was unbedingt erzählt werden sollte? Dann schreibt uns! Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte sowie ein unvorhergesehenes Ende haben. Im besten Fall lernen wir dadurch etwas über uns und die Welt, in der wir leben.
Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de