Marie Laguerre wird von einem Mann auf offener Straße angemacht - als sie ihn beschimpft, verfolgt er sie und schlägt ihr ins Gesicht. Eine Überwachungskamera filmte den Vorfall - das Video sorgt nun für heftige Diskussionen weltweit. Wir klären mit einem Juristen die Gesetzeslage in Deutschland, und wie sich Frauen gegen verbale Attacken wehren können.
Mehr als 7400 Mal geteilt, fast zwei Millionen Mal aufgerufen - ein Video aus Paris sorgt gerade in den Sozialen Medien für Aufruhr. Darauf zu sehen: Aufnahmen aus einer Überwachungskamera eines Cafés vom 24. Juli. Irgendwann kommt eine junge Frau um die Ecke, wird von einem Mann verfolgt, sagt etwas zu ihm, er geht auf sie los und schlägt ihr ins Gesicht.
Marie Laguerre heißt die betroffene Frau, und sie hat das Video auf ihrer Facebookseite veröffentlicht.
In Interviews sagte Marie Laguerre später, der Mann habe sie mit anzüglichen Geräuschen anmachen wollen. Sie wurde sauer und sagte: "Halt's Maul!" Es sei auch nicht die erste dumme Anmache an diesem Tag gewesen.
In Frankreich wird darüber jetzt heftig diskutiert, berichtet unsere Frankreich-Korrespondentin Barbara Kostolnik. Auch weil Emmanuel Macron versprochen hatte, mehr für die Sicherheit von Frauen zu tun.
Über den Mann aus dem Video wisse man bislang noch nichts. Marie Laguerre hat Anzeige gegen ihn erstattet und hofft, dass das Video dabei hilft, ihn zu finden.
Notwehrrecht gilt auch bei verbalen Attacken
Unabhängig von der aktuellen Debatte erarbeitet die französische Regierung gerade ein Gesetz, dass sexuelle Belästigung auf der Straße mit Geldbußen bestraft. Es soll Ende der Woche verabschiedet werden.
Bei uns in Deutschland haben wir ein solches Gesetz bislang nicht, sagt der Strafverteidiger Udo Vetter. Trotzdem sei die Sensibilität der Strafverfolgungsbehörden bei diesem Thema sehr hoch.
"Wir haben ja den Beleidigungstatbestand, und da werden auch verbale Attacken mit sexueller Konnotation mittlerweile sehr streng verfolgt."
Wer sexuell beleidigt wird, der sollte das anzeigen, rät der Strafverteidiger, dann muss die Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln.
Frauen haben in solchen Situationen immer ein Notwehrrecht, erklärt der Jurist: "Dann darf man alle Mittel anwenden, um so einen Angriff - der auch eine verbale Attacke sein kann - abzuwehren." Zurückschimpfen, laut schreien, andere auf sich aufmerksam machen, all das sei durchaus erlaubt, sagt Udo Vetter. "Wichtig ist natürlich letztendlich in solchen Fällen immer: Hat man Zeugen? Kann man es belegen?"
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