Wenn Cannabis legal wäre, könnte das den illegalen Markt verdrängen. Das ist ein Argument für die Legalisierung von Gras. Was passiert dann mit den Dealern und Dealerinnen? In den USA gibt es dafür Programme: Mit einer Lizenz dürfen sie weiterhin Gras verkaufen.
Cannabis ist in Kanada, Uruguay und einigen Bundesstaaten in den USA legal. Und auch in Deutschland könnte sich mit der neuen Bundesregierung etwas in Sachen Legalisierung tun: Grundsätzlich sind die Parteien der möglichen Ampelkoalition für eine Freigabe der Droge – auch wenn sie in ihrem Sondierungspapier keine konkreten Angaben dazu machen.
Welchen Einfluss die Legalisierung von Cannabis auf diejenigen hatte, die es vorher illegal verkauft haben, ist unklar. Tim zumindest findet eine Legalisierung gut. Er lebt davon, Gras zu verkaufen. Wenn Cannabis in Deutschland legal wäre, würde er mit dem Verkaufen der Droge weitermachen, sagt er. Seinen Namen haben wir verändert.
"Ich finde eine Legalisierung von Cannabis gut. Das heißt ja nicht, dass man dadurch nicht mehr arbeiten kann."
Ins legale Grasgeschäft wechseln
In den USA gibt es für Menschen wie Tim spezielle Programme. Die helfen ehemaligen Dealerinnen und Dealern, in das legale Cannabisgeschäft zu wechseln, erklärt Steve Rolls von der britischen Stiftung Transform Drug Policy. Die Stiftung berät Regierungen weltweit zu drogenpolitischen Themen.
Im Rahmen der sogenannten Equity Programme können Dealer*innen – zum Beispiel durch eine Weiterbildung – eine für sie reservierte Lizenz für den legalen Verkauf bekommen. Wie viele von ihnen tatsächlich schon an dem Programm teilgenommen haben, ist unklar. Teilweise haben die Dealer*innen es auch abgelehnt, den Cannabisverkauf mit dem Staat zu teilen, sagt Steve Rolls.
Legaler Verkauf verdrängt illegalen Markt
In Kanada, Uruguay und den USA habe der legale Markt den illegalen Verkauf aber zunehmend zurückgedrängt. Laut Steve Rolls nimmt der legale Verkauf von Cannabis in Kanada – drei Jahre nach der Legalisierung – fast schon 60 Prozent vom gesamten Verkauf der Droge ein. Es sei wahrscheinlich, dass dieser Trend in Zukunft weiter voranschreitet.
"In Kanada hatte der legale Cannabismarkt nach einem Jahr einen Anteil von 30 Prozent am gesamten Verkauf. Nach zwei Jahren waren es knapp über 50 Prozent. Dieser Anteil wird immer größer."
Niederlande: Widersprüchliche Drogenpolitik
Das Beispiel der Niederlande zeigt aber auch, dass es für einen positiven Effekt einer Legalisierung eine eindeutige Drogenpolitik braucht. Laut einer Studie der nationalen Polizeiakademie 2018 boome der illegale Handel mit Cannabis. Pieter Tops, einer der Autor*innen, sieht die Ursache hierfür in der widersprüchlichen Drogenpolitik.
Danach würden Coffeeshops in den Niederlanden die Droge zwar legal verkaufen. Die Produktion und Lieferung an die Läden sei aber weiter illegal und werde nur geduldet. Das verbotene Geschäft würde daher von Dealer*innen und organisierten Kriminellen dominiert. Sie würden das Cannabis sogar über die Landesgrenzen hinaus exportieren.
Nach Cannabislegalisierung: Höhere Nachfrage nach anderen Drogen unwahrscheinlich
Tim überlegt, nach einer Legalisierung von Gras möglicherweise andere Drogen zu verkaufen wie Amphetamine, Kokain oder auch Heroin. In Kanada, Uruguay oder den USA hat dieser Wechsel nach der Cannabislegalisierung für die meisten Dealer*innen allerdings nicht funktioniert, sagt Bernd Werse vom Centre For Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
"Es gibt eine relativ hohe Nachfrage nach Cannabis und eine viel geringere nach allen anderen illegalen Drogen. Man kann die Nachfrage nicht wahllos ankurbeln." Die Studienlage sei zwar noch nicht eindeutig. Es gibt aber keine Hinweise, dass nach einer Legalisierung von Cannabis mehr andere illegale Drogen verkauft werden, erklärt er.
Ist Cannabis in Deutschland dann einmal legal, bedeutet das für Tim wahrscheinlich doch, mit dem legalen Verkauf Geld zu verdienen oder etwas anderes zu machen. Er hatte schon überlegt, Lokführer zu werden.