In Kanada kann seit drei Jahren legal Cannabis gekauft werden. Die meisten Befürchtungen sind nicht eingetreten. Auffällig: Vor allem eine Altersgruppe kifft mehr als früher.

Ein Projekt der Ampelkoalition ist die Legalisierung von Cannabis. Verkauft werden könnte es zum Beispiel in lizenzierten Geschäften. Priorität hat das Thema aber nicht, vor allem wegen der Corona-Pandemie.

Mit frei verkäuflichem Cannabis hat Deutschland keine Erfahrung, andere Länder dagegen schon. In den Niederlanden ist es schon Jahrzehnte lang in Shops erhältlich. Besonders interessant ist ein Blick nach Kanada. Denn dort sind die Erfahrungen nach der Legalisierung noch frisch: Am 17. Oktober 2018 öffnete in Montreal der erste legale Cannabis-Shop.

1. Es dauert, bis sich der Markt etabliert

In Kanada gibt es einen etablierten Schwarzmarkt, der über viele Jahre gewachsen ist. Bis eine relevant große Menge an Menschen ihren Einkaufsort wechseln, also nicht mehr beim Dealer Cannabis besorgen, sondern in einem offiziellen und legalen Shop, hat es drei Jahre gedauert, sagt der Public-Health-Experte David Hammond von der University of Waterloo.

In Deutschland ist die Situation allerdings eine etwas andere: Der Cannabis-Schwarzmarkt ist nicht so ausgeprägt. "Illegales Cannabis ist hier viel teurer als in Kanada", sagt Bernd Werse, Mitbegründer des Centre for Drug Research an der Goethe-Universität Frankfurt. Der legale Markt hätte also bessere Ausgangsbedingungen, sodass offizielle Shops schneller gut besucht sein könnten.

2. Zahl minderjähriger Kiffer steigt nicht

Laut David Hammond kiffen in Kanada nach der Legalisierung nicht mehr Minderjährige als früher. Gleichzeitig würden weniger junge Menschen wegen Cannabis-Vergehen straffällig.

3. Mehr ältere Menschen konsumieren Cannabis

Nach der Legalisierung waren es vor allem die Älteren, die mehr Cannabis-Produkte konsumiert haben. Jeder vierte der über 65-jährigen Konsumentinnen und Konsumenten gab in einer Umfrage des kanadischen Statistikamtes an, erst nach der Legalisierung mit dem Konsum angefangen zu haben.

Im Jahr 2021 hat aber der Cannabiskonsum insgesamt und auch bei jungen Leuten zugenommen. "Es deutet aber vieles darauf hin, dass das vor allem an Corona liegt", sagt Michael John Milloy, Assistenzprofessor für Sozialmedizin an der University of British Columbia. Insgesamt bräuchte es noch mehr Forschung, um alle Auswirkungen abzuschätzen – also zum Beispiel, inwiefern ein legales Cannabis-Angebot eine schon vorhandene Nachfrage bedient oder neue schafft.

4. Es braucht eine Balance zwischen Gesundheitsschutz und Marktregulierung

Michael John Milloy sieht in Kanada die Notwendigkeit, eine gute Balance zu finden zwischen dem Schutz der Gesundheit und dem Regulieren des Marktes. So könnten viele legale Shop mit niedrigen Cannabis-Preisen dazu führen, dass der Schwarzmarkt weiter zurückgedrängt wird, weil er unattraktiver wird. Andererseits würden umso mehr Menschen Cannabis konsumieren, je niedrigschwelliger die Angebote seien.

5. Nicht mehr Menschen im Krankenhaus als früher

In Kanada sind die Einlieferungen wegen übermäßigen Cannabiskonsums stabil geblieben. David Hammond von der University of Waterloo sagt, die Behörden könnten jetzt leichter vor dem Konsum warnen. Gesundheitsrisiken von Cannabis seien heute in der Schule, im Parlament und in Arztpraxen Thema. Vor der Legalisierung hätte kaum jemand darüber gesprochen.

Eindeutige Erkenntnisse, inwiefern vermehrter Cannabis-Konsum zum Nehmen härterer Drogen verleiten, gibt es noch nicht. Der Einfluss eines legalisierten Cannabis-Marktes auf die Kriminalität scheint in beide Richtungen nicht signifikant groß zu sein.

Shownotes
Pläne der Ampel-Koalition
Cannabis-Legalisierung: Fünf Lehren aus Kanada
vom 10. Januar 2022
Autorin: 
Lisa Westhäuser