Erinnerungen, Orte oder Menschen – das alles kann für uns Heimat bedeuten. Bei Burak löst auch ein Stück Kuchen Heimatgefühle aus. Doch er hat nicht nur positive Assoziationen, wenn er an den Begriff denkt.
Auf der einen Seite denkt Burak Yilmaz bei Heimat an türkische und kurdische Lieder, die er als Kind auf Kassetten seiner Eltern hörte. Er denkt auch an die Kuchen und Torten der deutschen Nachbarin in Duisburg, wo er aufgewachsen ist. "Wenn wir unten auf dem Hof Fußball gespielt haben, hat die deutsche Nachbarin immer Kuchen und Tortenstücke runtergebracht. Das ist so eine superschöne Erinnerung, weil ich mich richtig zu Hause gefühlt habe", erinnert er sich. All diese unterschiedlichen Sachen, lösen in ihm Heimatgefühle aus, sagt Burak.
"Ich bin auch mit dem Gefühl aufgewachsen, dass ich hier nicht zu Hause bin."
Doch Burak verbindet nicht nur positive Gefühle mit dem Heimatbegriff. Seine Großeltern kamen in den Sechzigern aus der Türkei nach Deutschland, seine Eltern folgten in den Achtzigern. "Bei ihnen war die Sehnsucht nach der Heimat ein dominantes Gefühl. Das ist auch mit Schmerz und Melancholie verbunden", erklärt er.
Auch seine eigene Biografie ist schmerzhaft. "Immer wieder, wenn ich das Wort Heimat höre, muss ich Sätze denken wie 'Geh doch zurück in deine Heimat' oder 'Hau doch ab in deine Heimat'. "Die habe ich in meiner Kindheit oft gehört", erzählt er.
Das Verständnis von Heimat wandelt sich
Inzwischen sagt Burak, dass Heimat auch im Plural existiert – und meint damit, dass sie für ihn und seine Familie in Deutschland und in der Türkei liegt.
Auch bei seiner Arbeit als Sozialpädagoge, der viel mit Jugendlichen mit Migrationsgeschichte zu tun hat, kann er einen Wandel in der Beziehung zum Begriff Heimat beobachten. Viele Jugendlichen heutzutage hätten inzwischen ein plurales Verständnis von Heimat.
"Ich höre häufig, dass Heimat total selbstverständlich für viele ist, weil sie noch nie zu hören bekommen haben, dass Deutschland nicht ihre Heimat ist."
Anders verhalte es sich bei Jugendlichen, die Rassismus erfahren. "Da erlebe ich auch so eine Zerrissenheit. Man will dazugehören, wird aber ausgegrenzt. Gleichzeitig hat man ja beide Kulturen oder manchmal auch drei Kulturen in sich", sagt Burak.
Doch gerade weil der Heimatbegriff in Deutschland historisch von den Nationalsozialisten und heute von anderen Gruppierungen ideologisch missbraucht wurde, um Menschen auszugrenzen, plädiert Burak dafür, dass Menschen mit Migrationsgeschichte das Wort verwenden.
"Wenn Rechtspopulisten und Rassisten diesen Begriff immer wieder salonfähig machen, müssen wir entgegenwirken und können nicht nur einfach zuschauen", sagt Burak.
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