Der Aktivist Ali Can hat sich gefragt, warum es den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politischen Bildung nicht auch in anderen Sprachen gibt, um mögliche sprachliche Barrieren zu beseitigen. Eine mehrsprachige Version könnte vielen Menschen bei ihrer Wahlentscheidung helfen.
Mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung, der am 2. September online sein soll, können wir über drei Antwortoptionen angeben, wie wir gegenüber 40 politischen Statements eingestellt sind: zustimmen, ablehen oder neutral bleiben. Aus dem Ergebnis können wir dann ablesen, welche Partei am ehesten unseren politischen Vorstellungen entspricht.
Der Aktivst Ali Can, Leiter des "VielRespektZentrums", wünscht sich den Wahl-O-Mat in mehreren Sprachen. Zumal die Aussagen häufig in schwierigem Amtsdeutsch formuliert sind, wie er findet.
"Der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung wird meistens in Schulen oder Institutionen vermittelt. Aber zugewanderte Menschen, ehemalige Geflüchtete, die kennen den gar nicht."
Er möchte einen mehrsprachigen Wahlhelfer entwickeln, der auf Grundlage des Wahl-o-mat diese Aussagen beispielsweise auf Farsi oder Türkisch anbietet. "wAlman-Wahlswiper" soll das mehrsprachige Angebot heißen. Es entsteht auf der Basis der OpenSource-Software Voteswiper. Geplant ist, dass der Wahlswiper und die Kampagne dazu gemeinsam dem 20. August starten.
Zielgruppe: Neue Deutsche
Damit sollen vor allem Deutsche, die einen Flucht- oder Migrationshintergrund haben, die Möglichkeit bekommen, sich besser über die Parteien, die bei der Bundestagswahl am 26. September antreten, und deren Ausrichtungen zu orientieren.
Diese Zielgruppe werde bisher nicht angesprochen. Der Aktivist möchte diese Lücke mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern schließen. Zu diesem Zweck ist die Initiative #wAlman entstanden.
Neben dem Wahlswiper soll es auch Pop-up-Wahlkabinen geben
Zugewanderte Menschen, beispielsweise ehemalige Geflüchtete, könnten besser mit politischen Informationen umgehen, wenn es diese auch in ihrer Erst- oder Herkunftssprache gebe, ist Ali Can überzeugt. Aus diesem Grund hat er Anfang des Jahres der Bundeszentrale vorgeschlagen, den Wahl-o-mat auch in einfacher oder auch in anderen Sprachen anzubieten, um sprachliche Barrieren aus dem Weg zu räumen.
Aus zwei Gründen werde es nach Aussagen von Ali Can keinen mehrsprachigen Wahl-O-Mat der Bundeszentrale geben:
- Die Bundeszentrale gehe davon aus, dass Menschen, die den deutschen Pass besitzen, auch gut Deutsch können
- Außerdem gehe sie davon aus, dass es bei einer Übersetzung von politischen Aussagen vermutlich inhaltlich leichte Verzerrungen geben kann.
Signal an Zugewanderte
"Diesen Effekt", dass Fehler bei einer Übersetzung entstehen könnten, "halte ich für sehr, sehr gering", sagt der Aktivist. Viel wichtiger sei es seiner Meinung nach, ein Signal an Zugewanderte mit deutschem Pass zu senden, dass man wolle, dass sie das Land mitgestalteten.
Deutschlandfunk Nova hat bei der Bundeszentrale nachgefragt. Auszug aus der Stellungnahme:
"Weder ist es realistisch, dass 38 Parteien, darunter auch viele Parteien mit geringen Ressourcen, ihre Begründungen in mehreren Sprachen abliefern. Noch ist es machbar, dass die Bundeszentrale für politische Bildung im engen Zeitfenster zwischen der Auswahl der 38 Thesen und der Veröffentlichung des Wahl-O-Mat - sieben Arbeitstage - sämtliche Texte übersetzt und die Übersetzung begutachten lässt, sodass sie den Parteien garantieren kann, dass keine Inhaltsverschiebungen stattgefunden haben."
Bundestagswahl ohne Berührungsängste
Im Rahmen der #wAlman-Kampagne sollen neben dem mehrsprachigen Wahlswiper auch Erklärvideos und Grafiken entstehen, die Informationen zu Parteien und der Bundestagswahl 2021 bieten. Eine Art Wahlsimulation mit einer Pop-up-Wahlkabine ist auch geplant. Damit möchten die Initiatoren der Kampagne Berührungsängste abbauen und Menschen zu mobilisieren und dazu zu motivieren, zur Wahl zu gehen.
"Das Parlament und die Ministerien bilden nicht die Gesellschaft ab. Wir müssen auch Menschen dazu ermutigen, zur Wahl zu gehen, damit wir die Vielfalt ins Parlament hineinwählen."
Es sei ein Fakt, dass Menschen mit Migrationshintergrund seltener zur Wahl gingen. Dass liege daran, dass die Zugewanderten internalisierten hätten, dass sie nur "Gast" oder "Ausländer" seien, weil Deutschland sich lange Zeit nicht als Einwanderungsland definiert hatte. Viele hätten gar nicht das Gefühl, dass sie mitwählen sollten, deswegen bedürfe es viel Aufklärung und Überzeugungsarbeit. Aus diesem Grund haben sich die Initiatoren entschieden eine ganze Kampagne zu starten, statt nur den Wahlswiper anzubieten.
"Die anstehende Bundestagswahl, also 2021, wird definitiv die diverseste Bundestagswahl."