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Nach dem Ampel-Aus hatten die Parteien weniger Zeit, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. Wurde in diesem Wahlkampf heftiger gestritten als sonst? Und wird er den Herausforderungen gerecht, vor der die nächste Bundesregierung stehen wird?

Dreieinhalb Monate nach dem Aus der Ampelkoalition wird am Sonntag (23.2.2025) gewählt. Der Wahlkampf war besonders kurz und intensiv für Politiker*innen, Wahlforscher*innen, Journalist*innen und für diejenigen Wähler*innen, die sich mit den Inhalten der antretenden Parteien und den Auftritten ihrer Vertreter*innen auseinandergesetzt haben.

Neues Ausmaß von Populismus in Deutschland

Damit die Diskussionen und Auseinandersetzungen nicht zu gehässig würden, haben zumindest die Vertreter dreier Parteien - Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Die Grünen) und Friedrich Merz (Union) - eine Vereinbarung getroffen. Sie wollten respektvoll miteinander kommunizieren ganz nach dem Motto: Wir sind keine Feinde, sondern politische Konkurrenten.

"Der Wahlkampf war hart und schwierig. Er war der Lage nicht angemessen."
Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin

Ob das mit dem Respekt und der Fairness geklappt hat? Laut Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Parteienwahlen und politische Kommunikation, eher nicht. Wobei sie differenziert: Es habe insofern geklappt, dass sich die drei Kandidaten nicht mit persönlichen Beleidigungen überzogen haben.

"Das Agieren populistischer, in Teilen extremistischer Parteien wie der AfD hat den Wahlkampf im Vergleich zu früheren Wahlkämpfen verändert."
Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin

Doch vor allem, als es um die Bundestagsabstimmung ging, in der die CDU/CSU eine gemeinsame Mehrheit mit der AfD in Kauf genommen hat, sei die Vereinbarung wie vergessen gewesen. Hinzu kommt Julia Reuschenbachs Einschätzung nach, dass das Charakteristische an diesem Wahlkampf die Stärke populistischer Stimmen und Parteien gewesen sei. Auch der Einfluss von Fake News und Desinformationskampagnen von außen habe eine neue Dimension erreicht. Insofern sei dieser Wahlkampf in vielen Punkten anders gewesen als die vorherigen.

Großes Interesse an Wahl, trotz Misstrauen gegenüber Politik

Es gibt allerdings etwas, was Julia Reuschenbach positiv überrascht hat. Das sei das extrem große Interesse an dieser Bundestagswahl. Sie hofft, dass das am Ende zu einer erhöhten Wahlbeteiligung führt. Dabei zeigen die Umfragen seit Jahren, dass die Menschen der Politik kaum zutrauen, den großen Herausforderungen und Problemen unserer Zeit gewachsen zu sein. Das habe in diesem Wahlkampf aber nicht dazu geführt, dass sich die Menschen von der Politik abkehrten, sondern im Gegenteil: "Es hat großen Interesse provoziert", sagt die Politikwissenschaftlerin, die diese Entwicklung so nicht erwartet hatte.

"Wir brauchen dringend eine Regierung, die sich aufs Miteinander fokussiert."
Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin

Als Politikwissenschaftlerin ist Julia Reuschenbach nicht nur am Wahlkampf interessiert, sondern umso mehr an der Zeit danach. Und da befürchtet sie etwas, das sie als "dauerhaften Wahlkampfmodus" bezeichnet. Diesen habe sie schon bei der Ampel-Regierung beobachtet. Doch das Gegeneinandersein und Auseinanderklaffen funktioniere schlecht in einem politischen System wie in Deutschland, das sehr stark auf Kompromisse und Koalitionen angewiesen ist. Sie hofft, dass die künftige Regierung das ernst nehmen wird. Anderenfalls, warnt die Politikwissenschaftlerin, werden wir die Herausforderungen, die vor uns stehen, nicht bewältigen können.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Bundestagswahl 2025
War das der heftigste Wahlkampf aller Zeiten?
vom 21. Februar 2025
Moderation: 
Nik Potthoff
Gesprächspartnerin: 
Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin
Gesprächspartnerin: 
Clara Neubert, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin