Wer im Dezember geboren ist, wird kein hervorragender Fußballspieler werden. Obwohl das erst mal ziemlich unlogisch klingt, steckt da tatsächlich ein wahrer Kern drin.
Völlig unmöglich ist die Fußballkarriere für Dezemberkinder nicht. Bestes Beispiel: Mats Hummels spielt für Bayern München, in der deutschen Nationalmannschaft, räumt einen Titel nach dem anderen ab und ist unterm Strich ein ziemlich guter Fußballspieler. Und Mats Hummels hat am 16. Dezember Geburtstag. Ansonsten haben es Fußballer mit Dezember-Geburtstag sehr viel schwerer als ihre Kollegen, die im selben Jahr aber acht, neun, zehn Monate früher geboren worden sind.
Ein nüchterner Blick in die Statistik: Wenn deutsche Fußballprofis Geburtstag feiern, dann zu 75 Prozent im ersten Halbjahr. In der Ersten und zweiten Fußballbundesliga wurden zum Beispiel 140 Spieler im Januar geboren. Aber nur 46 im Dezember. Und das ist kein deutsches Phänomen, ähnliche Verteilungen gibt es in fast allen Ligen der Welt. Das nennt man den relativen Alterseffekt.
Zu jung, um erfolgreich zu sein
Das Problem ist organisatorischer Art: Jugendmannschaften wie die U12 haben einen Stichtag, in Deutschland den 1. Januar. Das heißt, Spieler die am 01. Januar geboren wurden spielen mit Spielern, die am 15. Dezember geboren wurden, in einer Mannschaft. Das Dezemberkind hat es also mit Mit- und Gegenspielern zu tun, die fast ein ganzen Jahr älter sind als sie.
"Wir sprechen da vom sogenannten Matthäus-Effekt. Man könnte auch sagen: Der Teufel macht auf den größten Haufen."
Bei 11-Jährigen machen ein paar Monate schon einen gewaltigen Unterschied. Und im Fußball setzten sich eben gerne die schnelleren, kräftigeren, auffälligeren und größeren Spieler durch – und die werden dann gefördert, landen auf den Listen der Profivereine und kommen schließlich in die Bundesliga. "Wir sprechen da vom sogenannten Matthäus-Effekt", erklärt Karsten Görsdorf, Leiter des Instituts für Spielanalyse: "Der Teufel macht auf den größten Haufen."
Spätgeborene werden aussortiert
Anders gesagt: Die Dezember-Spieler sind nicht unbedingt schlechter. "Doch wer den größten Vorteil hat, bekommt noch mehr Förderung und wird besser", so Karsten Görsdorf. Die Talente werden nur übersehen und ausgesiebt. Ein paar Jahre später, ab 15 Jahren etwa, gleichen sich die Unterschiede immer mehr an. Ein 25 Jahre alter Spieler ist nicht mehr zwingend stärker als sein 24-jähriger Kontrahent. Doch bis dahin sind die meisten Spätgeborenen schon aussortiert worden oder haben aufgegeben oder die Lust verloren, weil sie keiner fördert.
"Eigentlich geht es ja darum, dass wir die bestmöglichen Spieler auf das höchste Kompetenzlevel bekommen. Da sollten wir darüber nachdenken, wie wir das schaffen wollen."
Einen anderen Vorteil haben die jüngeren, die benachteiligten Spieler dann aber doch. "Sie entwickeln andere Strategien, um an den körperlich stärkeren Spielern vorbeizukommen und sich durchzusetzen", sagt Karsten Görsdorf. Sie sind oft technisch stärker, haben ein besseres taktisches Bewusstsein. "Durch den Umgang mit Niederlagen und Krisen haben sie eine andere psychische Stabilität als Spieler, die die ganze Zeit gepampert werden", so Görsdorf. Und so erklärt sich eben auch, dass Mats Hummels einer der Spitzenspieler in Deutschland ist – obwohl er im Dezember geboren worden ist.