Der brasilianische Präsident wollte ein riesiges Gebiet für den Bergbau freigeben. Ein Gericht hat das gestoppt. Aber die Agrarlobby versucht nicht nur dort ihren Einfluss durchzusetzen.
Das Gebiet Reserva Nacional do Cobre e Associados, abgekürzt Renca, heißt übersetzt "nationale Kupferreserve" – also alles andere als ein National- oder Naturpark. Renca liegt nördlich des Amazons in den Bundesstaaten Pará und Amapá und hat eine vergleichbar große Fläche wie Dänemark oder Niedersachsen.
In diesem Gebiet war seit den 80er-Jahren Bergbau strikt verboten. Mit den Jahren wurden rund 70 Prozent dieses Gebiets auch unter Naturschutz gestellt. Die restliche Fläche diente als Reservat für indigene Völker. Somit war ein Großteil von Renca geschützt und der Wald weitgehend intakt im Gegensatz zu anderen Regenwaldgebieten in Brasilien.
"Den Bergbau dort freizugeben, ist Besorgnis erregend, denn dadurch steigt der Druck auf dieses Gebiet. Dann beginnen illegale Landgeschäfte, illegale Landbesetzungen, verbotener Holzeinschlag, Rodungen, und es kommen noch mehr Goldsucher."
"Brasiliens Präsident Michel Temer steht mit dem Rücken zur Wand", sagt unser Korrespondent Ivo Marusczyk. Temer hat mit mehreren Korruptionsvorwürfe zu kämpfen und sucht Verbündete.
Dafür macht er Zugeständnisse beispielsweise an die Agrarlobby oder die Großindustrie. Und genau die möchten im Renca die Mangan-, Kupfer- und Goldvorkommen abbauen. Dass Michel Temer dafür sogar Schutzgebiete freigibt, hat zu heftigen Gegenreaktionen geführt. Ein brasilianisches Gericht hat das Dekret Temers wieder aufgehoben.
Wenig glaubwürdiger Schutz
Damit ist das Schutzgebiet noch nicht gerettet. Es geht erst einmal in die nächste Instanz, und ein langer, zäher juristischer Prozess wird folgen, erklärt Ivo.
Der brasilianische Präsident hat selbst sein Dekret nun zurückgezogen und eine überarbeitete Fassung veröffentlicht, in dem die Schutzgebiete ausdrücklich geschützt bleiben sollen. "Aber das ist nicht besonders glaubwürdig", sagt Ivo - denn die bisher geschützten Gebiete würden trotzdem erschlossen. Und selbst, wenn nur eine Straße gebaut würde - das würde faktisch das Ende des Schutzes bedeuten.
Agrarlobby verdrängt indigene Völker
Im Süden Brasiliens, im Bundesstaat Mato Grosso do Sul, kommt es zu heftigen Konflikten zwischen der indigene Bevölkerung und Großgrundbesitzern. Vom einstigen Trockenwald in der Gegend ist kaum noch etwas übrig, er ist weitestgehend gerodet. Übrig sind riesige Felder. Genau dort liegen kleine indigene Reservate.
Das Problem: Niemand weiß, wo genau die Grenze zu den Reservaten verläuft. Nach Auffassung der indigenen Bewohner pflanzen Großgrundbesitzer auf ihrem Gebiet.
Den Grenzstreit tragen die Indigenen mit Pfeil und Bogen und die Großgrundbesitzer mit Schusswaffen aus. Immer wieder sterben Menschen bei den Auseinandersetzungen. Die Polizei versucht zu vermitteln, doch wo der Grenzverlauf unklar ist, kann auch sie wenig zur Lösung beitragen.
"Die Indigenen werden als Menschen zweiter Klasse angesehen. Es ist ganz klar, wer hier das Sagen hat."
Die Verlierer in dem Konflikt sind eindeutig die Indigenen. So bestätigt das auch ein Staatsanwalt vor Ort: "Der Normalfall ist: Weiße, die Indios ermorden, werden nicht festgenommen." Die Indigenen wollen für sich ein paar Hektar, sagt Ivo, um für sich Gemüse anzubauen.
Eigentlich wäre genügend Platz für alle, denn der Bundesstaat ist ungefähr so groß wie Deutschland. Dort leben aber nur zweieinhalb Millionen Menschen.
Verschleppte Gebietsfeststellungen
Auch rechtlich ist eigentlich alles abgeklärt, denn in der Verfassung von 1988 steht, dass den indigenen Völker die Gebiete ihrer Vorfahren zustehen. Doch bis heute ist nur ein Viertel der Gebiete vermessen und markiert worden.
Und unter der Regierung von Michel Temer sieht es nicht danach aus, dass die indigene Bevölkerung ihr Recht bekommt, sagt Ivo. Tatsächlich würden bestehende Reservate noch verkleinert oder aufgelöst.