Queimada Grande ist keine James-Bond-Fiktion, hört sich aber genauso an: Auf der kleinen brasilianischen Insel leben tausende Exemplare einer der tödlichsten Schlangenarten der Welt. Betreten verboten!
Touristen schauen sich diese Insel nur vom Boot aus an. Denn die die Queimada Grande, weit vor der Küste des brasilianischen Bundesstaates São Paulo, ist für den Menschen ein eher lebensfeindliches Gebiet. Das liegt daran, dass sich eine extrem giftige und tödliche Schlangen auf felsigen Inseln besonders wohlfühlt. Die Insel ist fest in der Hand der Insel-Lanzenotter, einer Schlangenart aus der Familie der Vipern.
Biss einer Insel-Lanzenotter: Tod in Sekunden
"Etwa alle 20 bis 100 Quadratmeter könnte man auf eine Giftschlange stoßen", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte Mario Ludwig. Auf der nur 44 Hektar großen Insel tummeln sich nach Schätzungen etwa 4.000 bis 15.000 Exemplare. Deshalb trägt die Insel auch den Beinamen Schlangeninsel (portugiesisch: Ilha das Cobras). Zu Beginn des vorigen Jahrhundert war die Population der Insel-Lanzenotter sogar noch größer. Damals soll es bis zu 400.0000 Exemplare gegeben haben, erklärt Mario Ludwig.
Seit über 30 Jahren ist das Betreten der Insel streng verboten. Zuvor hatten nur die Leuchtturmwärter mit ihren Familien dort gelebt. Nachdem jedoch in kurzem Abstand gleich drei Leuchturmwärter an tödlichen Schlangenbissen gestorben waren, wurde ein automatisches Leuchtfeuer auf der Insel installiert. Heute darf nur ein kleiner Kreis von Wissenschaftlern und Angehörigen der brasilianischen Marine, die die Lichtanlage des Leuchtturms wartet, auf die Insel. Immer mit dabei: ein Arzt, der im Notfall sofort ein Gegenmittel spritzen kann.
"Beißt die Insel-Lanzenotter eine Maus, ist sie binnen zwei Sekunden tot. Damit gehört die Insel-Lanzenotter zu den giftigsten Schlangen der Welt."
Wie gefährlich das Gift der nur etwa 70 Zentimeter langen Schlange ist, verdeutlicht Mario Ludwig an einem Beispiel: Eine Maus ist bereits innerhalb von zwei Sekunden tot. Das Gift der Insel-Lanzenotter verhindert die Blutgerinnung und löst das Muskelgewebe auf. Ohne Gegenmittel haben auch Menschen kaum eine Chance. Hauptspeise der Schlangen sind aber Vögel, vor allem Zugvögel auf Zwischenstation, die die Schlangen gut versteckt in Büschen und Bäumen abpassen.
Wilderer und Inzucht-Probleme
Aber die weltweit einmalige Art ist vom Aussterben bedroht. Und das liegt nicht etwa an Fressfeinden. Die Insel-Lanzenotter teilt sich die Insel hauptsächlich mit einigen Echsen und Amphibien. Das Problem ist jedoch, dass die Schlange nicht von der Insel runterkommt. Dadurch ist es zu extremer Inzucht gekommen, sagt Mario Ludwig. Dadurch gibt es vermehrt männliche Tiere mit weiblichen Geschlechtsorganen und weibliche Tiere mit männlichen Geschlechtsorganen, die nur noch sehr bedingt fortpflanzungsfähig sind.
Gefährdet ist das seltene Tier außerdem durch Wilderer, die mit dem Gift der Schlange Geld verdienen wollen. Das Gift ist für die pharmazeutische Industrie von großem Interesse, sagt Mario Ludwig. Es kann beispielsweise bei Herzkrankheiten lindernd wirken. Für Schwarzmarktpreise von 10.000 bis 30.000 Dollar für ein Gramm Schlangengift riskieren die Wilderer sogar ihr Leben. Und gefährden so auch das Überleben der Insel-Lanzenotter.