Twitter und Facebook löschen verstärkt Aufrufe zur Gewalt auf ihren Plattformen und sperren Nutzerinnen und Nutzer. Denen kommt der Messenger-Dienst Telegram als Alternative ganz gelegen. Mehr als 500 Millionen Userinnen und User zählt Telegram: Hass und Verschwörungsmythen lassen sich ziemlich ungestört teilen. Doch Telegram reagiert jetzt.
Nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar, prüfen viele soziale Netzwerke ihre Inhalte. Dazu gehören Twitter, Facebook, Instagram oder auch Snapchat. Eine andere Entwicklung war, dass das rechte soziale Netzwerk Parler offline ging. Dazu haben wir hier berichtet.
Auch Telegram schaut endlich hin
Auch der Messenger-Dienst Telegram überprüft nun Inhalte. Ein Sprecher sagte gegenüber Techcrunch, Telegram habe in den vergangenen "24 Stunden dutzende öffentliche Kanäle blockiert, die Gewaltaufrufe an tausende Abonnenten veröffentlichten". Und gegenüber dem TV Sender CNN hieß es seitens Telegram: "Wir begrüßen friedliche Diskussionen und friedliche Proteste, aber entfernen routinemäßig öffentlich zugängliche Inhalte, die direkte Aufrufe zu Gewalt enthalten." Hier zum Nachlesen auf Twitter:
Bislang gehörte das Moderieren und Entfernen von Inhalten nicht wirklich zur Routine bei Telegram. Zu den Millionen von Userinnen und Usern gehören auch viele Personen aus dem Rechtsextremismus und der verschwörungsideologischen Ecke. "Telegram ist bei den Menschen beliebt, deren Inhalte auf anderen Plattformen bereits gesperrt wurden", sagt Martina Schulte.
"Im Gegensatz zu Facebook oder Twitter gab es bei Telegram bislang so gut wie keine Moderation durch den Anbieter."
Dass Telegram jetzt ankündigt zu prüfen und zu sperren, kommt zu einem interessanten Zeitpunkt, sagt Martina. Laut New York Times hat der Messenger-Dienst in den vergangenen Tagen 25 Millionen Nutzer und Nutzerinnen hinzugewonnen. Dazu gehören sicherlich auch einige, die nach dem Aus von Parler eine neue Heimat suchen.
Die Ankündigung von Telegram, wird wohl einige Nutzer und Nutzerinnen vergraulen. Laut Techcrunch haben Extremisten damit begonnen, neue Accounts als Back-Up aufzuziehen und verweisen ihren Abonnentenkreis auf Alternativen, wo sie weiterhin ungestört Inhalte teilen können.
Telegram bekommt Hinweise durch eine Aktivistin
Diese Hinweise auf Alternativen werden wiederum in Extremismus-kritischen Kanälen dokumentiert. Auch das Teilen illegaler Inhalte: Dafür werden Screenshots gepostet, die Verletzungen der Nutzerrichtlinien von Telegram zeigen, die dann an das Unternehmen geleitet werden.
Die aktuellen Account-Sperren gehen zum Großteil auf die Recherchen einer Aktivistin zurück, so Martina. Und zwar auf die Online-Aktivistin Gwen Snyder, berichtet T3N. Sie hatte bei Twitter dazu aufgerufen, rechtsradikale Telegram-Kanäle sowie Nutzerinnen und Nutzer zu melden. Der Aufruf war erfolgreich, wie sie auf Twitter mitteilte.
Doch für Gwen Snyder hatte das Ganze krasse Folgen. Nach Angaben von Techcrunch haben Extremisten und Extremistinnen nicht nur ihre Anschrift im Netz veröffentlicht, sondern auch zu Gewalt gegen sie aufgerufen. Ein User zum Beispiel postete ihre Adresse mit dem Zusatz "Ihr wisst, was zu tun ist".