Blutspenden sind besonders im Sommer oft Mangelware. Gleichzeitig ist Deutschland einer der Spitzenreiter im Verbrauch von Blutkonserven. Dabei gäbe es Möglichkeiten, damit gar nicht erst so viel Blut in den Kliniken gebraucht wird.
Nach Unfällen, bei Operationen oder auch bei der Behandlung bestimmter Erkrankungen: Für all diese Fälle werden Blutkonserven gebraucht, damit sie Leben retten. Doch Blut ist ein wertvolles Gut – denn es ist knapp.
Für die aktuelle Kampagne des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) anlässlich des Weltblutspendetages am 14. Juni rufen daher Promis wie Rapperin Shirin David und die Fußballer Nader Jindaoui und Toni Kroos dazu auf, Blut zu spenden.
"Es ist wichtig, dass ein großes Spektrum an jungen Leuten nachrückt."
Zum einen ist der Sommer eine Zeit, in der für gewöhnlich ohnehin weniger Menschen Blut spenden, weil sie zum Beispiel im Urlaub sind oder auf einem Festival. Zum anderen werden gerade auch die verlässlichen Blutspender*innen weniger.
Die Generation der Babyboomer – also die Menschen, die zwischen 1950 und 1964 geboren wurden – gilt als besonders blutspendenstark. Aber: Je älter sie werden, desto mehr sind sie selbst auf Blutspenden angewiesen, weil sie beispielsweise anfälliger für Operationen werden. "Es ist wichtig, dass ein großes Spektrum an jungen Leuten nachrückt. Jede Generation braucht ihre eigenen Blutspenderinnen und Blutspender", sagt Patric Nohe von den Blutspendediensten des DRK.
Blutkonserven: Hoher Verbrauch und wenige Sparmaßnahmen
Hinzu kommt, dass frühere Jahre gezeigt haben, dass der Pro-Kopf-Verbrauch an Blutkonserven in Deutschland besonders hoch ist. Das zeigt etwa ein Bericht der Barmer Krankenkasse aus dem Jahr 2019. Darin wird auch deutlich gemacht, welches Sparpotential die deutschen Krankenhäuser haben: Bei planbaren Eingriffen könnten sie etwa ein Drittel Blut einsparen, heißt es in dem Bericht.
Um bei planbaren Eingriffen weniger Blutkonserven zu verbrauchen, gibt es ein medizinisches Konzept: Patient Blood Management. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert bereits seit 2011, dass dieses Konzept weltweit stärker umgesetzt wird. Noch in diesem Jahr möchte die WHO weitere Handlungsempfehlungen dazu herausbringen.
Patient Blood Management: nicht notwendige Bluttransfusionen vermeiden
Beim Patient Blood Management geht es darum, nicht notwendige Bluttransfusionen zu vermeiden. Das Konzept deckt verschiedene Maßnahmen ab. Dazu gehört, bei Operationen das körpereigene Blut der Patient*innen zu sammeln, zu reinigen und dann wieder an sie zurückzugeben. Die sogenannte maschinelle Autotransfusion ist ein kompliziertes und aufwendiges Verfahren, für das es spezielle medizinische Geräte gibt.
Durch das Patient Blood Management werden Blutkonserven eingespart. So soll das Konzept auch für mehr Sicherheit sorgen.
Blutspenden werden streng kontrolliert, weshalb die Übertragung von Infektionen sehr unwahrscheinlich ist. Möglich ist aber beispielsweise eine Reaktion des Körpers, wenn bestimmte Bestandteile der Blutkonserve nicht vertragen werden.
Doch die Blutgabe mit Fremdblut ähnelt einer Mini-Transplantation. Das bedeutet: Auch hier gibt es Risiken. Eine umfangreiche Studie aus Australien zeigte: Durch das Patient Blood Management konnte die Sterblichkeit um 28 Prozent gesenkt werden. Die Krankenhausdauer war 15 Prozent geringer.
Patient Blood Management im Alltag
Intensivmediziner Patrick Meybohm von der Uniklinik Würzburg gilt als einer der Vorreiter des Patient Blood Managements in Deutschland. Anders als seine Klinik setzen bisher nur wenige Krankenhäuser dieses Konzept um.
Patrick Meybohm sieht dafür zwei Gründe. Zum einen sei die Zugabe von Fremdblut günstiger, als das Patient Blood Management umzusetzen. Außerdem "wird im Alltag der Weg gewählt, der etabliert ist und der auch in der Vergangenheit funktioniert hat", sagt er.
"Es ist aktuell teilweise billiger und einfacher, die Patienten mit Fremdblut zu transfundieren, als das Patient Blood Management umzusetzen."
Weniger Nachfragen nach Blut in den Kliniken würde allerdings auch bedeuten, dass es seltener zu einem Mangel an Blutkonserven kommt. Deswegen setzt sich Stefan Schröder dafür ein, dass weniger Blut verbraucht wird. Er ist Chefarzt am Krankenhaus Düren und im Vorstand des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.
Schröder schlägt etwa ein Transfusionsregister vor, das für mehr Transparenz sorgen soll. Dadurch könnten Patient*innen zum Beispiel sehen, wie viel Blut Krankenhäuser bei einer Operation verwenden, erklärt er. Die Patient*innen könnten dann im Anschluss entscheiden, wo sie sich operieren lassen wollen. Dafür sei aber auch nötig, dass die Bevölkerung besser über das Thema Bluttransfusionen informiert ist: In Notfällen sind sie ein Segen, bei planbaren Operationen sind sie mit vermeidbaren Risiken verbunden.