Wir haben es schon immer gewusst: Die Ähnlichkeiten zwischen Ameisen und Radiojournalisten sind verblüffend groß. Denn bei beiden Spezies gibt es eine strikte Arbeitsteilung. Die einen bleiben im Bau und pflegen den Programmpilz, die anderen gehen raus und suchen Material.
Unsere Kollegin Monika Ahrens hatte schon immer so eine Ahnung - manchmal fühlt sie sich wie eine Ameise: "Ich renne draußen rum, sammle hier, sammle da, suche nach Interviewpartnern, dann nach Worten, und schleppe das Material schließlich zurück ins Funkhaus, wo ein Redakteur es mir abnimmt und damit das Programm füttert."
Reporterameisen und Baujournalisten
Ein Verhalten, das nicht nur irgendwie an das der Blattschneideameisen erinnert. Diese Korrelationen bestätigt auch der Biologe Wolfgang Rössler. Bei den Ameisen ist es nämlich so: Die kleinen Ameisen bleiben im Bau und die großen gehen raus in die Welt. "Die Kleinen sind unterirdisch im Nest oder im Bau. Sie haben in ihren Nestern einen Pilz, den sie züchten. Und mit diesem Pilz wird der Nachwuchs ernährt." Das Aufgabenspektrum der Büroameisen ist demnach ein ganz anderes als das der Außendienstameisen und das wiederum habe Auswirkungen auf die Größe der Insekten und ihrer Gehirne, erklärt Rössler. Kleine Ameisen haben kleine Gehirne. Große Ameisen haben große Gehirne. Bleibt die Frage: Unterscheidet sich auch das Innere der Köpfe von Reportern und Redakteuren?
"Es gibt zwei Studien, die gezeigt haben, dass bei Taxifahrern der Hippocampus, der Sitz vom Ortsgedächtnis, ein größeres Volumen hat als bei Nicht-Taxifahrern. Ich könnte mir vorstellen, dass der Hypocampus bei den Journalisten, die rausgehen, viel rumreisen, viel kommunizieren und sich orientieren müssen, vielleicht auch ein bisschen größer ist."
Eine Erkenntnis kann jedoch als gesichert gelten: Beide Gruppen verlieren schnell den Überblick. "Generell ist es so bei den Ameisen, dass keiner das Ganze überblickt. Es sind die vielfältigen Interaktionen zwischen den arbeitsteilig agierenden Ameisen, die zu einem interessanten Ganzen führen", erklärt Wolfgang Rössler.