Ein Tablet für unter 100 Euro, Schuhe für 5 Euro – billig produziert und angeboten auf Temu und Shein. Durch die Preise stehen die Onlineshops im Fokus, allerdings wächst auch die Kritik. Jetzt berät das EU-Parlament über mögliche Konsequenzen.

Täglich werden etwa 400.000 Pakete von Temu und rund 100.000 von Shein nach Deutschland geliefert. Diese hohe Menge hat auch mit den extrem niedrigen Preisen zu tun. Zudem teilen Käufer ihre Schnäppchen auf Plattformen wie TikTok oder Instagram, was die Popularität dieser Shops noch weiter steigert.

"Ich habe mir ein Ambientelicht für ein paar Euro bei Temu bestellt“
User in sozialen Netzwerken

Ein User beschreibt, er habe sich ein ein Ambientelicht für ein paar Euro bestellt. Das ist nur ein Beispiel für die Art von Angeboten, die viele anlocken. Doch hinter den verlockenden Preisen steckt oft mehr, als man auf den ersten Blick sieht.

Schnäppchen am Zoll vorbei

Denn Temu und andere chinesische Plattformen nutzen Tricks, um die europäischen Zollregeln zu umgehen. "Die Shops stückeln ihre Lieferungen, damit der Wert der einzelnen Pakete unter der Zollfreigrenze von 150 Euro bleibt," erklärt Jan Dahlmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter.

"Die Shops stückeln ihre Lieferungen, damit der Wert der einzelnen Pakete unter der Zollfreigrenze von 150 Euro bleibt.“
Jan Dahlmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Diese Grenze bedeutet, dass Produkte unter 150 Euro ohne zusätzliche Zollgebühren in die EU eingeführt werden können. Um dies auszunutzen, deklarieren die Händler die Ware häufig als weniger wertvoll, als sie tatsächlich ist.

So wird beispielsweise ein Produkt im Wert von mehreren Hundert Euro mit einem fiktiven Preis von 70 Euro versehen. Eine Praxis, die nur selten vom Zoll überprüft werden kann, da die Kontrollen stichprobenartig und nicht flächendeckend erfolgen.

Gefährliche Produkte im Umlauf

Neben dem Thema Zoll und Steuern sorgt die Produktqualität bei Temu und Shein für Kritik. Viele der Artikel, die dort verkauft werden, entsprechen nicht den europäischen Sicherheitsstandards. Vor allem Elektrogeräte wie Ladegeräte oder Smartwatches können dabei gefährlich werden, wenn sie nicht ordnungsgemäß funktionieren. "Viele Produkte tragen das CE-Zeichen nicht oder es ist gefälscht", warnt Jan Dahlmann.

"Viele Produkte tragen das CE-Zeichen nicht oder es ist gefälscht“
Jan Dahlmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Das CE-Zeichen bestätigt, dass Produkte den Anforderungen der EU in Bezug auf Sicherheit und Umweltschutz entsprechen. Fehlende oder gefälschte Zeichen bedeuten, dass es bei der Nutzung der Produkte zu Schäden oder Gesundheitsrisiken kommen kann. Vor allem bei Elektrogeräten und Kinderspielzeug kann das riskant sein, wenn sie überhitzen oder giftige Stoffe enthalten.

Da Temu nicht der direkte Verkäufer, sondern nur die Plattform ist, auf der verschiedene Händler ihre Waren anbieten, besteht kaum Transparenz darüber, wer hinter den Produkten steckt. Händler könnten gefälschte oder illegale Artikel verkaufen, ohne dass Temu dafür Verantwortung übernehmen muss.

Die EU reagiert

Um dem entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission Temu dazu aufgefordert, detaillierte Informationen über den Umgang mit gefälschten und gefährlichen Produkten vorzulegen. Sollte die Plattform keine zufriedenstellenden Maßnahmen präsentieren, drohen hohe Strafen, von bis zu 10 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes.

Die Grundlage dafür bildet das neue EU-Gesetz für digitale Dienste, das strengere Vorschriften für Online-Plattformen festlegt. Dieses Gesetz ermöglicht es der EU, bei Nichteinhaltung von Sicherheitsstandards härter durchzugreifen.

Zudem tritt ab Dezember EU-weit die Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Kraft, mit strengeren Vorgaben für Händler, Hersteller und Importeure. Temu und alle anderen Online-Händler sind dann verpflichtet, eine verantwortliche Ansprechperson zu benennen, die für die verkauften Produkte zuständig ist.

Shownotes
Ware aus China
Temu und Shein: Billig, aber problematisch
vom 21. Oktober 2024
Moderatoren: 
Jenny Gärtner & Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Jan Dahlmannn , Deutschlandfunk-Nova-Reporter