Jetzt, wo die Temperaturen langsam nach oben klettern, können wir endlich wieder öfter aufs Rad steigen. Und da Teilen schöner und nachhaltiger ist als alleine, haben wir uns das Prinzip Bikesharing mal genauer angeschaut - und festgestellt: Damit das Modell wirklich funktioniert, muss dringend mehr für die Infrastruktur und Sicherheit der Fahrradfahrer getan werden.
Bikesharing funktioniert im Prinzip wie Carsharing: Du nutzt ein Rad nur, wenn du es brauchst, und zahlst auch nur für diese Zeit. Um mehr brauchst du dich nicht zu kümmern. In Berlin gehen bald gleich zwei Systeme an den Start. Die Stadt hat der Bahn mit ihrem System Call-A-Bike gekündigt und stattdessen einen Vertrag mit Nextbike geschlossen. Die Bahn wiederum hat sich mit dem Discounter Lidl zusammengeschlossen und bietet trotzdem weiter Bikesharing an.
"Das ist für den Nutzer erst mal ziemlich gut, denn dadurch gibt’s mehr verfügbare Räder in der Stadt. 3500 von der Bahn und Lidl. 2000 von Nextbike, bis 2019 sollen es sogar 5000 werden."
Beide Systeme kosten ungefähr einen Euro pro halbe Stunde. Beide arbeiten mit Stationen, an denen ihr die Fahrräder ausleihen und zurückgeben könnt. Die Bahn bietet außerdem die Option an, das Fahrrad irgendwo abzustellen. Für die Flexibilität erhöht sich die Leihgebühr ein wenig.
Politiker und Verkehrsplaner müssen umdenken
Damit ein System von den Nutzern überhaupt angenommen wird, muss die Infrastruktur stimmen. In Großstädten muss der öffentliche Nahverkehr sinnvoll mit dem Leihradsystem verknüpft sein, sodass die Leute gut zwischen den Verkehrsmitteln wechseln können. Außerdem müssen genügend Räder vorhanden sein. Und vor allem: Es muss Spaß machen, Fahrrad zu fahren. Und da gibt es in deutschen Städten Nachholbedarf:
"Wer schon mal in Kopenhagen, Antwerpen oder Amsterdam Rad gefahren ist, der weint, wenn er danach wieder in Köln, Berlin oder Hamburg aufs Rad steigt."
In manchen Städten ist Fahrradfahren echt nicht ungefährlich, findet Anke. Kommen dann noch Touristen dazu, die sich nicht auskennen und vielleicht nicht so geübt sind, dann ist das ein zusätzlicher Gefahrenpunkt. Nikolas Linck vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) fordert hier ein Umdenken von Politikern und Stadtplanern: "Wenn es unsicher ist, in unseren Städten Fahrrad zu fahren, dann müssen wir uns doch fragen, was können wir tun, um es sicherer zu machen. Und dann müssen wir uns nicht fragen, dürfen wir überhaupt hier Leute auf Leihräder loslassen, ist das nicht gefährlich?"
"Wir brauchen eine sichere Infrastruktur, denn es kann kein Zustand sein in unseren Städten, dass man sagt, wir dürfen hier keine Leihräder hinstellen, denn es ist ja viel zu gefährlich, bei uns Rad zu fahren."
Radfahrer in Deutschland werden fast nie als gleichwertige Verkehrsteilnehmer gesehen und erst recht nicht bei der Verkehrsplanung priorisiert. Deswegen nützen am Ende halt auch Tausende Fahrräder nichts, sagt Anke: "Wenn damit keiner fährt, weil es zu gefährlich ist, dann ist auch die schöne Idee, dass Bikesharing ein Zukunftsding ist, halt leider auch nur eine schöne Idee."
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