Mit Psychometrik, einer Art Daten-gestützter Psychologie, soll es möglich sein, im Wahlkampf jeden Menschen persönlich anzusprechen.
Algorithmen können in wenigen Sekunden psychologische Profile von Millionen Menschen erstellen. Allein dadaurch, dass Rechner mithilfe von Facebook-Profilen oder Tweets gefüttert werden. Michael Kosinski, Psychologe an der Universität Stanford, ist Experte für Psychometrie und hat genau das bewiesen: "Statt ihre Persönlichkeit anhand von Fragebögen zu ergründen, könnte ich Sie bitten, mir zu erlauben, ihre digitalen Fußabdrücke anzusehen. Anhand derer kann ich ihre Persönlichkeit ergründen und intime Wesenszüge feststellen: Politische Ansichten, Religiosität, sexuelle Orientierung, Intelligenz und so weiter."
Die Firma Cambridge Analytica behauptet, diese Technik im US-Wahlkampf erfolgreich für Donald Trump eingesetzt zu haben. Für die persönlichen Profile wurden öffentliche Facebook- und Twitter-Daten mit gekauften Informationen aus Wählerverzeichnissen und anderen Datenbanken angereichert. Mithilfe dieser Informationen will das Unternehmen dann maßgeschneiderte Wahlkampfnachrichten an die Wähler verschickt haben. Cambridge Analytica hat dafür bisher keine Beweise vorgelegt. Der Forscher Michael Kosinski hält diese Art des Big-Data-Wahlkampfs aber technisch für absolut möglich.
Grundlage für Datenhandel in Deutschland
In Deutschland geht in diesem Bereich noch nicht so viel wie in den USA, allerdings auch nicht so wenig, wie wir vielleicht vermuten würden. Viele der in den USA verwendeten Datenbanken - zum Beispiel eine Wähler-Datenbank - gibt es in Deutschland einfach nicht. Zudem haben wir in Deutschland andere Datenschutzgesetze.
Aber es gibt das "Listenprivileg". Das bedeutet: Adressen dürfen in Listenform gehandelt und verkauft werden. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir dem explizit widersprechen. "Das ist die Grundlage für einen riesigen Datenhandel in Deutschland", sagt DRadio-Wissen-Autor Philipp Banse.
"Deutsche Post Direkt ist so ein Unternehmen, was da führend ist. Mit denen kann man sehr genau herausfinden, in welchem Block, in welchen Wohnungen wahrscheinlich welche Leute wohnen und mit welchen Vorlieben die gekauft haben."
Viele Parteien machen das zur Zeit noch nicht. Auf die Anfrage von Philipp Banse hat die AfD zum Beispiel geantwortet, dass sie überlege mit Post Direkt zusammenzuarbeiten. Die CDU hat nicht auf die Anfrage geantwortet und die Grünen sagen, sie arbeiten nicht mit dem Unternehmen zusammen.
Auch Facebook hat ein paar Werkzeuge parat: "Da gibt es so was wie Custom-Audience und Lookalike-Audience", erklärt Philipp Banse. Custom-Audience bedeutet, dass wir selber gesammelte Nutzerdaten hochladen können, E-Mails zum Beispiel. Und dann können wir Facebook bitten, mithilfe dieser Daten ein Zielgruppenprofil zu erstellen.
Zurückhaltung bei deutschen Parteien
LMP ist ein französisches Start-up, das noch einen anderen Dienst anbietet. Das Unternehmen arbeitet mit öffentlichen Daten, zum Beispiel mit Umfragen, Zensusdaten oder Daten mit Wahlergebnissen. Das Start-up verarbeitet diese Daten in einer App. Und diese App macht dann Vorschläge für den Wahlkampf, sagt Philipp Banse "In diesem Häuserblock leben pi mal Daumen 1000 Leute. Und ihr nehmt diese 200 Häuserblöcke, zu denen schickt Ihr eure Leute, weil da entweder sehr viele Menschen wohnen, die entweder noch nie gewählt haben, nicht wählen oder zumindest unentschieden sind."