Status: Immer noch zusammen – obwohl in der Beziehung einiges schief läuft? Psychologen sagen, dass wir eher verzeihen als Schlechtes zu speichern. Warum unser Hirn so etwas macht, und was das für unsere Beziehungen bedeutet, hat sich unser Reporter gefragt.
Mal ein Auge zudrücken, das schadet sicher nicht. Auch nicht in Beziehungen. Wissenschaftler sagen nun, dass unser Hirn generell ganz gerne verzeiht. Das schließen sie aus einer Reihe von Experimenten.
"Ich glaube, wenn einem eine Person sehr wichtig ist, dann vergibt man der eher."
Das Interessante dabei ist: Wir Menschen sind scheinbar grundsätzlich bereit, eher das Gute im Anderen zu sehen. Schlechte Erfahrungen deuten wir einfach um. Die Wissenschaftler um die Psychologin Molly Crockett nennen das "flexible updating", eine Art eingebautes Vergeben.
"Wir alle gehen ja erst einmal von dem Guten im Menschen aus, sonst wären wir ja gar nicht mehr in der Lage, uns zu begegnen. Das bedeutet, dass ich jedem Menschen das Gute unterstelle und das Böse nicht in den Vordergrund stelle."
Sabine Lahme ist Beziehungstherapeutin, und sie findet diesen quasi eingebauten Filter gar nicht schlecht. Schließlich sind wir Menschen soziale Wesen und wir sind an Beziehungen mit anderen interessiert. Ein Fehlverhalten kann ja auch mal unbeabsichtigt passieren. Das lassen wir durchgehen.
Im Verzeihungs-Modus
Unser Gehirn scheint schlechte Erinnerungen vorsichtshalber weniger akkurat abzuspeichern, damit negative Eindrücke unser Bild von anderen nicht unnötig destabilisieren. Die Forscher schreiben, dass diese kognitive Flexibilität hilft, sich kooperativ zu verhalten.
Der Mechanismus hat aber auch seine Schattenseiten, sagt die Therapeutin - nämlich dann, wenn in Beziehungen Fehler vergeben werden, die eigentlich unverzeihlich sind. Bei körperlicher Gewalt etwa.
"Wenn Partner körperlich werden, wenn sie die Hand erheben, dann ist das eine ganz ganz große Grenzüberschreitung. Das ist in vielen Partnerschaften unverzeihlich. Es gibt aber auch Paare, da wird das verziehen. Und dann nochmal und nochmal."
Eine zu hohe Fehlertoleranz ist nicht gut. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall in Sabine Lahmes täglicher Praxis, nämlich Paare, die auf den kleinsten Fehler schauen und nur das Negative sehen. Beides ist schlecht.
Im Idealfall, sagt die Therapeutin, können wir das Positive sehen und das Negative trotzdem stehen lassen. "Dann habe ich eine Chance in jeder Beziehung."
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