Etwa 52.000 Menschen leben in Deutschland auf der Straße. Sie sind obdachlos. Schon jetzt gibt es die ersten Kältetoten. Schnelle Hilfe ist wichtig, aber löst nicht das eigentliche Problem: Wohnungen für Wohnungslose. Denn Obdachlose haben kaum eine Chance, auf dem umkämpften Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden, sagt Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Für Menschen ohne Obdach können die Wintertemperaturen lebensgefährlich sein. In den vergangenen Tagen seien bereits sieben Obdachlose bei den niedrigen Temperaturen auf der Straße gestorben, sagt Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. Die Toten werden derzeit zum Teil noch obduziert. Aber man müsse davon ausgehen, sagt Rosenke, dass unter ihnen Kältetote sind.
Es braucht mehr Notschlafunterkünfte
Die Städte und Kommunen reagieren auf die Kälte. In Berlin zum Beispiel öffnen die Verkehrsbetriebe U-Bahnhöfe für Obdachlose. Ebenso werden in Städten zusätzliche Betten in Notschlafunterkünften aufgebaut. Für Werena Rosenke ist das Katastrophenhilfe. Die Hilfsmaßnahmen seien notwendig, würden aber nicht das eigentliche Problem lösen. Generell gebe es zu wenig menschenwürdige Notunterkünfte.
"In vielen Städten gibt es offensichtlich zu wenig Notunterkünfte."
Obdachlosigkeit ist aber nicht erst im Winter ein Problem, sondern ein Dauerproblem. Denn im Kern geht es darum, dass Obdachlose keine eigene Bleibe haben. "Unser Ziel ist es, dass auch wohnungslose Menschen wieder die Chance haben, ein eigenes Heim zu bekommen", sagt Werena Rosenke.
Sie fordert deshalb mehr bezahlbaren Wohnraum. "In manchen Städten haben 50 Prozent der Haushalte einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein", sagt Werena Rosenke. Aber es fehlt an den passenden Wohnungen.
"Das Problem ist, dass zu wenig bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht."
Vor allem Wohnungslose haben auf dem umkämpften Wohnungsmarkt kaum eine Chance. "Wenn sie wohnungslos sind, sind sie stigmatisiert", sagt Werena Rosenke. "Da stehen sie in der Regel ganz hinten in der Schlange, wenn eine Wohnung vermietet wird." Das Problem verstärkt sich, wenn bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Deshalb müsse die Politik für mehr Wohnraum sorgen – und eben auch die Wohnungslosen miteinbeziehen.
"Wir brauchen den politischen Willen, dass man auch Obdachlosen helfen will, dass ein bestimmter Teil der Wohnungen auch Wohnungslosen zur Verfügung steht."
Damit widerspricht Werena Rosenke klar der Vorstellung, dass Wohnungslose auch ein Stück Freiheit leben, indem sie gar kein Obdach haben wollen. "Der größte Wohnwunsch von Wohnungslosen – das dokumentieren wir seit 30 Jahren – ist eine eigene Wohnung."
Was könnt ihr tun?
Einige Städte und Kommunen bieten Hotlines an, um zu melden, dass ein Obdachloser in Gefahr sein könnte. Werena Rosenke unterstützt solche Hotlines. Dann kommt ein Kältebus oder eine Kältestreife, das sind Teams, die zum Beispiel aus Sozialarbeitern und Personen vom Ordnungsamt bestehen. Fehlen solche Angebote in eurer Stadt oder Kommune, dann am besten die 110 oder 112 anrufen.
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