Sophie hat Freunde und Freundinnen, aber sie wünscht sich auch eine BFF – eine richtige Vertrauensperson. Wie realistisch ist es, so jemanden zu finden? Und wie gehen wir damit um, wenn wir keine beste Freundin oder keinen besten Freund haben?
Sophie ist in einer Beziehung, hat Familie und pflegt auch Freundschaften. Viele ihrer Freund*innen wohnen aber weiter weg. Eine beste Freundin fehlt ihr und sie hätte sehr gerne so eine Person an ihrer Seite, damit "man weiß, sie ist bei mir die Nummer eins und ich bin bei ihr die Nummer eins. Dass man weiß, man ist da immer die erste Wahl, und dass da auch dieses volle Vertrauen da ist."
"Ich glaube, man hat als Mensch den Wunsch, jemanden zu haben, der immer für einen da ist – anders als zu einer Liebesbeziehung oder Familie.
Idealbild "Best friends forever"
Sophie macht es traurig, dass sie ihre Freund*innen nur alle paar Monate sieht: "Das finde ich super schade. Ich bin eine Person, die nicht gerne schreibt oder telefoniert. Ich bin die Person, die mehr die Nähe sucht und eine Person oft sehen möchte – auch mehrmals unter der Woche, auch mal schnell zum Kaffee trinken."
Sie glaubt, dass sich auch durch Social Media ihr Wunsch nach einer besten Freundin verstärkt hat: "Wenn man sieht, dass Freundschaften da sind, die vieles erleben, und auch wenn es Streitigkeiten in der Beziehung gibt, fehlt eine Person, mit der man darüber sprechen kann."
Wunsch nach Bestie erzeugt auch Druck
Viele Menschen wünschen sich neben einer Partnerschaft auch die eine beste Freundin oder den einen besten Freund, sagt die Psychologin Ulrike Scheuermann: Jemand "für den man exklusiv ist oder der mit einem durch dick und dünn geht. Das ist etwas sehr, sehr Schönes. Wenn es da ist, ist es toll."
Gleichzeitig entsteht aber auch Druck, erklärt die Expertin: "Es ist ein Wunsch. Uund aus solchen Wünschen entstehen auch große Visionen, die abbilden, wie es sein sollte. All das trägt dazu bei, dass andere wiederum denken: Die anderen haben es, nur ich nicht."
Ulrike Scheuermann sagt, dieses Ideal sei genauso unrealistisch, wie dass jeder Mensch in einer Partnerschaft leben sollte. Die Psychologin rät dazu, die eigenen bisherigen sozialen Kontakte zu reflektieren.
"Vielleicht merkt jemand: Ich hatte noch nie eine enge Freundin oder einen engen Freund, aber ich hatte immer dieses Freundesgruppe. Und vielleicht vermisse ich dann gar nichts."
Wenn der Wunsch nach so einer besten Freundin oder einem besten Freund nach wie vor besteht, schlägt die Psychologin vor, bestimmte Überlegungen anzustellen:
- Was hindert mich bisher darin?
- Wo sind Versuche von mir schief gegangen und aus welchen Gründen?
- Ws könnte ich anders machen?
Diese Fragen hat sich auch Sophie gestellt um herauszufinden, wo diese Sehnsucht nach einer besten Freundin herkommt. Ihre persönliche Erkenntnis: "Vielleicht ist es auch ein sozialer Druck. Aber ich habe manchmal schon das Gefühl, dass ein bisschen Einsamkeit kommt, weil da eben keine Person ist. Weil ich weiß, dass ich von niemandem die erste Wahl bin und nicht die Lieblingsfreundin."
"Ich glaube da ist auch so ein bisschen die Angst, irgendwann alleine dazustehen."
Zeit alleine zelebrieren
Sophie hat aber einen Weg gefunden, mit ihren Ängsten umzugehen: Sich selbst genügen. Sie versucht etwa, sich selbst als beste Freundin zu sehen und bewusst Zeit mit sich zu verbringen: "Das können viele Menschen glaube ich nicht. Da wird ihnen schnell langweilig oder sie finden es öde oder blöd. Aber ich versuche, das gerade aktiv so zu lieben oder zu schätzen, dass ich einfach weiß: Ich kann mir genügen."
Was Sophie auch macht: Sich im Netz Hilfe suchen, wie sie Freunde finden kann. "Ich bekomme zum Beispiel Tipps für Webseiten, wo ich mal gucken kann. Gleichzeitig kann ich anderen das Gefühl geben, dass sie auch gesehen werden oder sich verstanden fühlen." Sophie würde sich aber auch wünschen, dass das Thema "Freunde suchen" noch präsenter wird.
Woher kommt der Wunsch nach einer besten Freundin?
Aus psychologischer Sicht ist der Wunsch nach einer besten Freundin oder einem besten Freund darin begründet, dass Menschen sich nach Geborgenheit sehnen, erklärt die Psychologische Psychotherapeutin Denise Ginsburg-Marku – und nach jemandem, der einen ohne Worte versteht und annimmt.
"Ich muss nichts sagen, ich muss nichts erklären. Da ist eine Person, die kann mich lesen und versteht mich. Da fühle ich mich ganz sicher. So wie ich bin, werde ich geliebt und gemocht."
Wer das Gefühl hat, dass so eine Person irgendwo da draußen sein könnte, der sehnt sich auch danach, so Denise Ginsburg-Marku. Oft sei es aber auch eine Illusion, so einen oder eine BFF zu finden – eine Person, bei der auf Anhieb alles passt.
In der Realität brauchen gute Freundschaftsbeziehungen oft ihre Zeit, gibt die Psychotherapeutin zu bedenken: "Ganz lange Freundschaften oder Beziehungen werden irgendwann, wenn man Glück hat und gut daran arbeitet, so mühelos und elegant. Aber da haben wir auch ganz schön viel investiert. Dass wir direkt so jemanden finden, der – Boom! – passt... ich kenne es nicht."
Nicht auf Bestie warten, sondern aktiv sein
Die Psychotherapeutin rät Menschen, die sich so eine besondere Freundschaft wünschen, aktiv zu sein: "Ich muss mich schon zeigen in der Welt. Nähe herstellen und Kontakt herstellen. Das bedeutet auch, dass ich etwas von mir preisgeben muss, mich emotional verfügbar machen muss, verlässlich sein muss. Aber auch, dass ich Grenzen aufzeigen muss."
"Ich muss mich so geben, wie ich es zurück brauche. Dann steigert es schon die Chancen, Menschen kennenzulernen, die mir gut tun."
Hilfreich sei es auch, sich eine Art Wunschliste zu machen und aufzuschreiben, welche Ansprüche man an diese eine Bezugsperson hat: "Soll sie mit mir Pferde stehlen können und gleichzeitig tiefgründige Gespräche mit mir führen? Soll sie mit mir wild abtanzen gehen oder reisen können?" Bei vielen verschiedenen Erwartungen an eine Person, ist vielleicht die Lösung: "Dürfen es nicht mehrere sein? Das heißt: Ich mache vielleicht mit dem einen Freund das und mit dem anderen Freund oder der anderen Freundin das."
Ähnlich wie Sophie es handhabt, empfiehlt Denise Ginsburg-Marku, auch auf sich selbst zu schauen: "Der allerbeste Bestie bin ich für mich. Wenn ich gut zur mir bin, wenn ich fürsorglich mit mir bin, dann kann ich ganz viele Hürden im Leben nehmen – und besser ertragen, wenn da gerade niemand ist, mit dem ich alles teilen kann."
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- Scheuermann, U. (2021). Freunde machen gesund. Knaur Balance.