Ende 2019 legte die EU ihren Green Deal vor, damit soll Europa bis 2050 klimaneutral werden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung denkt, dass das möglich ist. Und mehr noch: Sogar bis 2040 könne der Strom komplett aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Damit verbunden sind allerdings hohe Investitionen. Die Alternative: Steigende Kosten durch Klimaschäden, so Pao-Yu Oei. Er hat an dem Bericht mitgearbeitet.
Am 11. Dezember stellte die noch neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihren "European Green Deal" vor. (Mehr Infos dazu gibt es hier.) Formuliertes Ziel: Die EU soll bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral werden.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat sich den Green Deal angeschaut und einen Bericht über die Ziele und notwendigen Investitionen vorlegt. Ein Fazit lautet: Europa kann bis 2040 seinen Strom komplett aus erneuerbaren Energien erzeugen.
Kosten von 3000 Milliarden Euro
Doch das könnte teuer werden – sehr teuer. In dem Bericht werden 3000 Milliarden Euro genannt - also drei Billionen. "Das ist der Preis, um die Erneuerbare-Energien-Anlagen zu bauen", sagt Pao-Yu Oei. Er ist Wissenschaftler an der TU Berlin und hat an dem Bericht mitgearbeitet.
Aber das sei nur eine von verschiedenen Kostenkomponenten. Denn zugleich würden Kosten eingespart. Zum Beispiel, weil der Ankauf von Erdgas und Erdöl aus dem Ausland nicht mehr nötig wäre, wenn die Energie in Deutschland produziert würde. Ebenso entfielen Investitionen in die Infrastruktur fossiler Energieanlagen. Und man sparte, indem man Klimaschäden verhinderte.
"Der Klimaschutzpfad ist günstiger als die Alternative, nichts zu machen. Weil die Schäden ansonsten viel zu hoch sind."
Doch dafür braucht es nicht allein mehr Anlagen, um erneuerbare Energien zu erzeugen, so Pao-Yu Oei. Gleichzeitig müsse man sich in der EU auch damit beschäftigen, dass Anlagen zur Energiegewinnung, die auf fossile Träger wie Kohle oder Erdöl setzen, schneller abgeschaltet werden, so der Wissenschaftler. Auch Deutschland brauche hier ein anderes Tempo.
"Wenn Europa schneller machen muss, dann muss Deutschland – aus meiner Sicht – vorangehen."
Deutschland käme innerhalb der EU eine wichtige Rolle zu und müsse seine Klimaschutzziele verschärfen. Pao-Yu Oei empfiehlt, dass Deutschland bis 2030 aus der Kohle aussteigt und nicht erst bis 2038, wie beschlossen. So könne man zeigen, dass der Kohleausstieg technisch möglich sei. Ein früherer Ausstieg sei auch nötig, um die internationalen Klimaschutzziele zu erfüllen, denen sich Deutschland verpflichtet hat.
"Wenn wir bis 2038 mit dem Kohleausstieg warten, werden wir die internationalen Klimaschutzziele definitiv verfehlen."
Deutschland sei eher zum Bremser geworden, wenn es um die europäische Klimapolitik gehe. Die Klimaschutzziele würden eben nicht verschärft. Oder auch Richtlinien für den Industrieemissionsschutz seien nicht umgesetzt worden, obwohl das bis Ende 2019 nötig gewesen wäre. Die Klimapolitik sei auf europäischer Ebene weiter als auf deutscher, so seine Einschätzung.
"Deutschland ist zum Bremser geworden und kein Vorreiter in Bezug auf Klimaschutzpolitik in Europa."
Deutschland hat mit der EU-Ratspräsidentschaft bis Ende 2020 die Möglichkeit, den Klimaschutz voranzubringen. Ob es die Regierung in Berlin auch nutzt, wird sich zeigen.