Die belarussische Opposition bekommt am Mittwoch (16.12.2020) den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments. Das bestärkt sie weiter für ihre Rechte zu kämpfen, berichtet die belarussische Journalistin Katsiaryna Kryzhanouskaya. Damit sich etwas im Land verändert, brauche es aber einen Kollaps der Wirtschaft.
Seit August 2020 schon gehen die Menschen in Belarus jedes Wochenende auf die Straße. Woche für Woche demonstrieren sie friedlich für ihre Rechte und für den Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenko. Bisher hat sich daran nichts verändert. Stattdessen geht Lukaschenko immer härter gegen die Demonstrierenden vor.
Im Oktober hat die EU den Druck auf Mitarbeitende der belarussischen Regierung durch Sanktionen erhöht, im November dann mit weiteren Sanktionen gegen Lukaschenko selbst. Passiert ist wieder nichts.
Mehr Druck aus Ausland
Jetzt verleiht das Europäische Parlament den Sacharow-Preis, auch EU-Menschenrechtspreis, an die belarussische Opposition für ihren Einsatz. Und diese Zugewandtheit der EU ist wichtig für die Belarussinnen und Belarussen, sagt Journalistin Katsiaryna Kryzhanouskaya. Sie kommt aus Belarus und ihre Familie lebt dort noch.
Katsiaryna Kryzhanouskaya erklärt: Für die Mitglieder der Opposition ist der Sacharow-Preis eine entscheidende Unterstützung. Gerade weil sie teilweise aus Belarus fliehen mussten oder die Familienmitglieder vieler von ihnen verhaftet wurden. Den übrigen Menschen in Belarus ist der Preis eher unbekannt. Ihnen helfe es vielmehr, wenn die EU und das restliche Ausland ihre Proteste und Forderungen in die Öffentlichkeit bringt und ihnen Raum gibt.
"Wenn Angela Merkel oder Macron oder andere Politiker in der EU darüber sprechen, erreicht das die Menschen in Belarus. Und dann fühlen sie sich im Ausland ernst genommen, wenn nicht im eigenen Land."
Zusätzlich würden sich die Belarussinnen und Belarussen strengere Sanktionen gegen Staatschef Lukaschenko wünschen. Beenden europäische Unternehmen beispielsweise ihre Geschäftsbeziehungen mit belarussischen Staatsfirmen, wäre das ein wirksames Druckmittel, so die Journalistin. Die aktuellen Sanktionen der EU würden den belarussischen Präsidenten wenig beeindrucken. Für Lukaschenko sind Sanktionen nichts Neues, sagt sie, daher weiß er, wie er sie umgehen kann.
Die immer helfende Hand Russlands
Hinzu kommt, dass der russische Präsident Wladimir Putin seinen belarussischen Amtskollegen und dessen Regierung mit Geldern unterstützen würde. Katsiaryna Kryzhanouskaya sieht die Wirtschaft daher als Schlüssel: Wird die lahmgelegt – etwa durch einen Massenstreik der Mitarbeitenden in den Staatsfabriken – verliert Lukaschenko seine Macht.
Zu vereinzelten Streiks in staatlichen Unternehmen ist es im August und September zwar schon gekommen, die haben aber nicht angehalten. Denn: Die Behörden haben die Beschäftigten zu sehr eingeschüchtert, sodass sie wieder mit ihrer Arbeit angefangen haben, berichtet die Journalistin.
"Das heißt, dieser wirtschaftliche Faktor könnte etwas bewirken, aber dann muss man sich auch fragen, was das für die Menschen vor Ort bedeuten würde."