Von Aufarbeitung keine Spur – so lässt sich die Lage ein Jahr nach der Explosion in Beirut zusammenfassen. 200 Menschen waren damals ums Leben gekommen, Tausende wurden verletzt. Eine Katastrophe und ein Land, für die es keine Verantwortlichen gibt.
Stillstand nach der Katastrophe
"Ein Jahr danach sieht es um die Explosionsstelle herum immer noch desaströs aus", sagt Björn Blaschke über den Beiruter Hafen und seine Umgebung. Doch nicht nur die Trümmer sind noch da, auch die Frage, wie es zu der Katastrophe kommen konnte, bleibt unbeantwortet, berichte der ARD-Korrespondent. Zwar gebe es Zwischenberichte vom FBI und von französischen Behörden, aber wieso im Hafen überhaupt Ammoniumnitrat gelagert wurde und wer die Lagerung hätte beaufsichtigen müssen, sei nicht geklärt.
"Letztlich denkt jeder hier im Libanon, da passiert ohnehin nichts. Schließlich ist in den vergangenen zwölf Monaten auch nichts passiert."
Vielleicht wolle man das alles auch gar nicht so genau wissen, mutmaßt der Präsident der Anwaltskammer in Beirut. Denn dann gehe es um die politische Verantwortung, die keiner übernehmen wolle. So heißt es, Staatspräsident Michel Aoun sei Woche vor der Explosion wiederholt auf die Lagerung des explosiven Stoffes hingewiesen worden. Doch getan wurde nichts.

Keine politische Lösung in Sicht
Politisch und wirtschaftlich scheint der Libanon am Abgrund zu stehen. Das Land habe nicht einmal eine Regierung, so Björn Blaschke. Nach der Katastrophe vor einem Jahr waren die politischen Vertreter zurückgetreten, bis heute gibt es eine Interimsregierung. Auch an internationalen Geldern oder Wiederaufbauhilfe gehe nichts direkt an den Staat. Wenn Geld zur Verfügung gestellt wir – wie nun bei der dritten Geberkonferenz in Paris – werde nur über die Vereinten Nationen an Nichtregierungsorganisation verteilt.
"Libanon bekommt keine finanzielle Unterstützung. Der Staat gilt als bis auf die Knochen korrupt."
So scheint es keine Hoffnung auf Veränderung im Land zu geben. Im Gegenteil. Dafür scheint der riesige Getreidespeicher, der vor einem Jahr als Foto um die Welt ging, wie eine Allegorie zu stehen. Denn er senke sich jeden Tag um zwei bis drei Millimeter, berichtet Björn Blaschke. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann er zusammenbricht.