In sozialen Netzwerken teilen Landwirte schon seit längerem Bilder von grünen Mahnkreuzen - ein stiller, aber sichtbarer Protest. Deutlich lauter war es heute (22.10.2019) in vielen deutschen Städten. Zehntausende Landwirte gingen auf die Straße. Sie fürchten: zu hohe Kosten und zu viel Bürokratie.
Der Protest der Landwirte richtet sich vor allem gegen das jüngste Agrarpaket der Bundesregierung: Weniger Glyphosat, mehr Insektenschutz, mehr Subventionen für umweltbewusstes Wirtschaften und weniger staatliche Unterstützung für Massenproduktion.
Bauern kritisieren Agrarpaket
Die Frustration unter den Landwirten ist groß. Auf Plakaten prangten heute Schriftzüge wie "Deutschland, willst du deine Bauern noch???" oder "No Farmer, No Food." Die Bauern gehen auf die Straße, um endlich gehört zu werden – von der Bevölkerung und der Politik, sagt der Landwirt Stefan Werres.
Existenzängste machen sich breit
Die Bauern sehen durch das Agrarpaket ihre Betriebe gefährdet. Viele konventionelle Landwirte könnten die Umstellung auf ökologischen Landbau nicht stemmen, sagt Werner Eckert von der SWR Umweltredaktion. „Zurück zur Handhacke“, das gehe bei so großen Betrieben eben nicht so einfach, sagt er.
"Es trifft die Bauern, es trifft sie am Geldbeutel. Das ist unbestreitbar wahr und die Politik hat sie möglicherweise in diesem Dilemma alleine gelassen."
Die Landwirte wehren sich besonders gegen die strengeren Düngeregeln, wie etwa das Verbot des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Durch die Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln soll die Nitratbelastung im Boden gesenkt werden. Viele Landwirte werde das hart treffen, trotzdem habe die Politik keine andere Wahl, sagt Eckert.
"Die Überdüngung ist ein Problem. Dass jetzt die EU massiv mit Strafzahlungen droht, wenn Deutschland nicht schnell Veränderungen herbeiführt, das ist nun mal Fakt. Und das geht nur schnell, wenn man bei den Bauern drastisch auf die Bremse drückt.“
Die Landwirte fürchten jetzt zu hohe Kosten und zu viel Bürokratie. Das schränke ihre tägliche Arbeit schon jetzt immens ein, kritisierte eine Landwirtin bei dem Demonstrationszug in Bonn.
"Das Agrarpaket fordert von uns noch strengere Auflagen und Gesetze, die wir einhalten müssen. Und das schränkt uns im täglichen tun bei uns auf dem Betrieb immens ein."
Der Deutsche Bauernverband zeigte sich verständig: "Wir haben volles Verständnis für die Demonstranten und sind solidarisch, solange die Aktionen gewaltfrei bleiben", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied der "Passauer Neuen Presse".
Auch FDP-Agrarexperte Gero Hocker kritisierte die Agrarpolitik der Bundesregierung scharf. Das Agrarpaket entziehe "einer ganzen Branche die Existenzgrundlage," sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete die Proteste als Ergebnis einer "jahrzehntelang verfehlten Agrarpolitik."
"Was wir brauchen, ist eine Agrarpolitik, die dafür sorgt, dass die Bäuerinnen und Bauern leben können von ihren Produkten und die auf der anderen Seite Klima, Artenvielfalt, Grundwasser und Tiere nicht weiter massiv beschädigt oder unter Druck setzt."
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