Kay Macquarrie ist Rollstuhlfahrer. Schon oft hat man ihn nicht in Züge der Deutschen Bahn einsteigen lassen, weil angeblich das Behindertenklo defekt war. Über die großen und kleinen Hindernisse, die er überwinden muss, um mit der Deutschen Bahn zu fahren, schreibt er auf seinem Blog. Unser Reporter hat ihn bei einer Zugfahrt begleitet.
In Deutschland leben rund 1,6 Millionen Menschen, die im Rollstuhl sitzen – einer von ihnen ist Kay Macquarrie. Für ihn wären die Züge der Deutschen Bahn eigentlich das ideale Verkehrsmittel, wenn er nicht jedes Mal mehrere Hindernisse überwinden müsste, bis er einsteigen kann. Über seine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn schreibt Kay Macquarrie auf dem Blog "Barrierefreie Bahn".
"Wir würden gerne mit dem ICE fahren, 17:46 Uhr, der hat zehn Minuten Verspätung und ob sie da spontan noch eine Hilfeleistung mit einer Hebebühne machen können und so."
Unser Reporter Stephan Beuting hat Kay Macquarrie kontaktiert, weil er herausfinden möchte, wie schwierig es ist, einen Zug zu besteigen, wenn man als Rollstuhlfahrer unterwegs ist. Kay hat Stephan schon vorgewarnt und gesagt, dass er das nur herausfinden kann, wenn er ihn bei einer Zugfahrt begleitet.
Als die beiden am Bahnhof in Bonn ankommen, stellen sie erst mal fest, dass der Aufzug, mit dem sie zu Gleis 2 hochfahren wollten, defekt ist. Hindernis Nummer eins – Kay ist schon vieles gewohnt und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Der Plan: Mit dem Rollstuhl auf die Rolltreppe und so auf das Gleis gelangen.
Aufzug defekt, Wagenreihung verändert, Baustelle versperrt den Weg
Am Info-Point fragt Kay Macquarrie nach, ob der Mobilitätsservice ihm beim Einsteigen in den Zug helfen kann. Zwei Mitarbeiter erwarten ihn mit einer Hebebühne auf dem Gleis – allerdings gibt es wieder ein Problem: Die Wagenreihung wurde verändert. Die Hebebühne muss an eine andere Stelle auf dem Gleis gebracht werden. Wegen der Bauarbeiten im Bahnhof steht ein Stützpfeiler im Weg, an dem der Hubwagen weder links noch rechts vorbeikommt.
Kay Macquarrie bleibt gelassen und entschlossen, er will in den Zug einsteigen und er wird es auch tun.
Mobilitätsservice: Jedes Mal ein Formular mit 70 Feldern ausfüllen
Nicht nur die physischen Hindernisse erschweren es Kay Macquarrie, in den Zug einzusteigen. Wenn er den Mobilitätsservice der Deutschen Bahn anfordert, muss er das immer 48 Stunden vor der Fahrt tun, und dafür jedes Mal ein Formular mit 70 Feldern ausfüllen. Jedes Mal muss er seinen Namen, seine Adresse und sein Ziel eintragen und angeben, welche Art von Rollstuhl er fährt. Viel einfacher ist es, wenn er mit dem Flugzeug fliegen möchte, dann muss er im Online-Formular nur ein einziges Häkchen setzen.
"Die Bahnmitarbeiter wirken ratlos, der Zugchef will weiter, ich denke, das war es und Kay?"
Kay lässt sich nicht so leicht vom Zugfahren abbringen
Nachdem ihm der Mobilitätsservice nicht helfen kann, bittet Kay Macquarrie einen Mann, der gerade einsteigen will, anzupacken, damit er mit dem Rollstuhl in den Zug reinkommt. Kay fährt rückwärts an den Zug, greift mit den Händen, ohne zu schauen, an zwei Haltestangen. Der andere Bahnfahrer hebt den Rollstuhl hoch und hievt ihn mit einer Bewegung in den Zug hinein. Kay hat es geschafft: Er ist endlich im Zug.
Als der Zug wenige Minuten später in Köln ankommt, ist der zuvor bestellte Mobilitätsservice nicht da. Eine Möglichkeit: weiterfahren, aber wozu, wenn man doch am Ziel angekommen ist. Die zweite Option: Den Zugbegleiter fragen. Der darf eigentlich aus versicherungstechnischen Gründen nicht helfen, tut es dann aber trotzdem. Kay Macquarrie und unser Reporter sind nach einer Zugfahrt mit vielen Hindernissen in Köln angekommen, obwohl es zwischenzeitlich nicht so ausgesehen hat, als ob es klappen würde, in den Zug einzusteigen.
"Mein Puls ist auf 180, Kay ist ruhig. Für ihn ist jede Bahnreise so etwas wie ein zu bohrendes Brett. Manchmal dünner, manchmal dicker."
Es passiere häufiger, dass die Bahnmitarbeiter ihn nicht einsteigen lassen, häufiger Grund: Weil das Behindertenklo defekt sei, sagt Kay unserem Reporter. Wenn Kay Macquarrie dann trotzdem einsteigt, muss er entweder einhalten oder hoffen, dass sie ihm das defekte Klo dann doch noch aufschließen. Einmal klappte nichts von alledem.
"Ich habe schon so viel erlebt mit der Bahn, dass ich nicht mehr ganz so leicht geschockt bin, und ich weiß, dass ich das mitteile, eigentlich publiziere ich jede Bahnfahrt."