Wir denken nicht darüber nach, wie wir laufen, wir lernen es einfach - aber leider nicht immer richtig. Das kann schmerzhafte Folgen haben. Barfußtrainer Emanuel Bohlander zeigt deshalb Sportlern, wie man richtig läuft.
Das Beste für die Füße ist die absolute Freiheit – frei von Schuhen, frei bewegen auf natürlichem Boden oder Sand. Unser Alltag zwingt unsere Füße aber in Schuhe, die ihre natürliche Form oft einengen.
"Alles westliche Schuhwerk, was wir so tragen, entspricht nicht unserer natürlichen Fußform und verändert den Fuß."
Deshalb trägt Barfußtrainer Emanuel Bohlander am liebsten Laufsandalen, wenn er nicht barfuß gehen kann. Die Laufsandale hält am Fuß, weil ein Band um die Fesseln und die Ferse läuft. "Damit kann ich springen, hüpfen und laufen", sagt Emanuel. Die Sandale ist einem Modell nachempfunden, das die Tarahumara aus Mexiko, eine indigene Ethnie, entwickelt hat. "Der Fuß kann genauso arbeiten, als wäre ich barfuß, und deshalb trage ich die Dinger", sagt Emanuel.
Die Laufsandale trägt Emanuel auch im Winter. Bis zu 5 Grad findet er noch aushaltbar. Dadurch, dass die Laufsandale eine Gummiplatte hat, werde die Kälte vom Boden abgehalten. Längere Zeit in der Kälte zu stehen sei aber schwierig. Wenn er sich nicht bewegt, muss Emanuel die Füße dann mit Socken warm halten - oder er greift zu Barfußschuhen, die er aber nicht so gerne trägt.
"So eine Sandale birgt schon Vorteile: Man wirkt dadurch angezogen und wird nicht so angeguckt, als wenn ich komplett barfuß gehe. Man kann unterwegs auch mal auf eine öffentliche Toilette, wo es wirklich schwierig wird, komplett barfuß hinzugehen."
Wer jetzt denkt: Dann schmeiße ich alle meine Schuhe weg und gehe ab jetzt barfuß, sollte sich ein paar Fragen stellen: Gehe ich bewusst? Muss ich meine Gang- und Lauftechnik anpassen? Wer "kaputte" Füße hat oder Fehlstellungen, die sich nicht von alleine korrigieren, kann so "Probleme manifestieren", sagt Emanuel.
"Mit einem Knick-Senk-Spreizfuß von heute auf morgen nur noch barfuß zu gehen, würde ich nicht empfehlen, weil es dann Schwierigkeiten geben kann."
Da wir von Kindesbeinen an unsere Füße in Schuhe zwängen, sind die Füße nicht mehr so stabil, wie sie von Natur aus angelegt waren, sagt Emanuel. "Dann brauche ich irgendwann Schuhe, die meine Füße unterstützen oder halt Einlagen." Gerade auf den harten Böden wie Asphalt, auf denen wir uns täglich bewegen, hilft uns die Federung. Die, so der Barfußtrainer, haben wir eigentlich in Form des Fußgewölbes und der Achillessehne im Fuß eingebaut. Aber weil wir den Fuß nicht so beanspruchen, dass diese Federung trainiert wird, verkümmert sie.
"Wenn ich auf hartem Boden laufe oder springe, dann kommt das Fußgewölbe und die Achillessehne zum Einsatz und federt den Stoß ab."
Beim Barfußtraining geht es Emanuel darum, Menschen mit deformierten Füßen eine neue Technik zu zeigen. "Das kann man wieder in den Jäger- und Sammler-Modus zurückführen", sagt Emanuel. Denn der Körper des Menschen hat sich in der Evolution so entwickelt, dass er 30 Kilometer und mehr am Tag zurückgelegt hat, um seine Beute zu erlegen oder um sich Nahrung zu beschaffen.
Die Probleme beim Laufen oder Joggen kennt Emanuel aus eigener Erfahrung. Er lief bis vor sechs Jahren immer mit den gepolsterten Joggingschuhen und hatte Schmerzen im Knie und unteren Rücken.
"Im meinem Fall wurde es immer schlimmer, je besser die Technik wurde und je mehr Geld ich investiert habe für Einlagen. Ich hatte die besten Einlagen und die besten Schuhe, die es damals für Geld gab."
Es gibt beim Gehen eine sogenannte Standphase, beim Laufen sogar eine Flugphase, bei der nur ein Fuß den Boden berührt und der andere in der Luft ist. "Die Stabilität, die du für deinen gesamten Körper brauchst, kommt dann aus einem Fuß", erklärt Emanuel. Dadurch wird die unterstützende Fläche, auf der wir stehen, noch kleiner. Veränderungen am großen Zeh, auch wenn sie nur Millimeter groß sind, werden durch den gesamten Bewegungsapparat fortgeführt. Da können sogar schon Socken zum Problem werden, wenn sie die Zehen vorne leicht zusammenschieben.
Benachteiligte Frauenfüße
Frauen sind leider von der Natur in Bezug auf die Füße benachteiligt. Sie haben ein schwächeres Bindegewebe, sodass bei manchen Frauen ab 30 pathologische Fußdeformationen auftreten. Halux valgus ist die häufigste Form: Der Großzeh wird nach innen gedrückt und das Grundgelenk nach außen gewölbt. Mit den Jahren kann das ziemlich schmerzhaft werden.
Wer jetzt Lust aufs Barfußlaufen bekommen hat, sollte langsam anfangen und mindestens mit einem halben Jahr Training rechnen bis er soweit ist, entspannt barfuß zu laufen. Wenn man fleißig ist und viel trainiert können sich die Muskulatur und die Sehnen auf den neuen Bewegungsablauf einstellen, meint Emanuel.
Keine Angst vor Hornhaut
Vor Hornhaut braucht niemand Angst zu haben, sagt Emanuel: "Wenn der Fuß vernünftig belastet wird, dann entsteht eine Druckbelastung. Auf Druck reagiert der Körper nicht mit Hornhaut, sondern mit Lederhaut. Es wird mehr Fett eingebaut, die Haut wird fester. Das sieht vielleicht irgendwann eher aus wie eine Hundetatze".