Im Mittelalter gab es Erholung meist in flüssiger Form: Wer sich entspannen wollte, betrank sich beim Feiern oder ging ins Badehaus. Denn da sorgte auch weiteres Programm für Ablenkung.
"Das Mittelalter war viel fröhlicher, als wir das in den alten Schulbüchern lesen können", sagt der Medizinhistoriker Wolfgang U. Eckart. Optionen, um sich nach der harten Arbeit des Tages oder nach erfolgreicher Ernte zu belohnen, gab es auch damals zu Genüge: Bombastische Feste waren die eine Option, Badehäuser die andere.
Fürs Badehaus ließ man sich extra herausputzen: Haare und Nägel wurden geschnitten und oft sogar noch zu Ader gelassen. Getrennt nach Mann und Frau, oft aber auch gemischt und immer nackt, plantschen die Menschen schließlich in den Badehäusern und Wildbädern. Es ging aber nicht nur ums Baden.
Buntes Treiben
Die riesigen Badenanstalten waren wegen ihres Unterhaltungsprogramms legendär. Hier gab es Musik, wurde geschlemmt und sich - nunja - anderweitig vergnügt. All inclusive Erholung. Zwar ging man eher mit der Partnerin dorthin, um die Bäder herum war es jedoch üblich, dass sich Prostituierte ansiedelten. Auch in kleineren Orten zeugen noch heute Straßennamen wie "Badgasse" davon, dass es hier solche Badeanstalten gab.
"So prüde und düster war das Mittelalter nicht. Es gab viele Möglichkeiten zu entspannen."
Für einen Dämpfer des Schwimmvergnügens sorgte der Ausbruch der Pest 1348. Das Ende der öffentlichen Freizügigkeit sollte aber erst die Verbreitung der Syphilis im 15. Jahrhundert einläuten. Durch Söldnerheere hatte sich die Geschlechtskrankheit in Europa rasend schnell verbreitet. Frauen und Männer waren gleichermaßen von der Syphilis betroffen, die sich durch Geschwüre am ganzen Körper zeigte. "Das zeigte man dann doch nicht gerne mehr in der Öffentlichkeit", sagt Medizinhistoriker Wolfgang U. Eckart und erklärt: "Das war das Ende der hohen Bäderkultur."
Pause durch Pest – Ende mit Syphilis
Medizinisch motiviert war das Fortbleiben aus den Badehäusern allerdings nicht. Angst vor Infektionen hatte man nicht unbedingt, sondern ästhetische Vorbehalte waren die Ursache. Beim Revival der Bäderkultur im 18. und 19. Jahrhundert hingegen spielte die Gesundheit wieder eine stärkere Rolle. Mit Jean-Jacques Rousseau und der Naturalismus-Bewegung hieß es "Zurück zu Natur": Wassertreten, kalte Bäder und Duschen im Wald wurden populär. Die Besucher machten auf solchen Badereisen Bekanntschaft mit der Naturheilkunde - als einer Alternative zur damals oft brutalen Schulmedizin.
In Zeiten der Industrialisierung blieb Erholung jedoch dem Bürgertum vorbehalten. Die Arbeiterklasse konnte sich höchstens einen Ausflug in den Schrebergarten leisten.