Wir Menschen unterscheiden uns in vielen Merkmalen: Hautfarbe, Religion oder Geschlechts-Identität sind nur einige davon. Dabei passiert es in Gesprächen über diese Unterschiede immer wieder, dass Menschen marginalisiert, verletzt oder diskriminiert werden. Damit der Austausch gelingen kann, kommt es auch auf gegenseitiges Wohlwollen an, findet die Autorin Hadija Haruna-Oelker.
"Diese Themen sind hochempfindsam für alle Seiten", sagt Hadija Haruna-Oelker. Die Autorin und Journalistin hat sich intensiv mit den Unterschieden beschäftigt, die uns zu Teilen einer vielfältigen Gesellschaft werden lassen. Welche das unter anderem sein können wird deutlich, wenn man einen Teil von Hadijas Eigenbezeichnung liest: "Ich bin eine Schwarze, nicht behinderte, normschlanke, cis-hetero Frau mit der Erfahrung, chronisch krank zu sein."
"Meine Antwort kann nie absolut sein."
Das bedeutet: Hadija gehört, wie viele Menschen, teilweise eher zu einer privilegierten Gruppe (nicht behindert und cis-hetero) und in Bezug auf andere Merkmale zu einer marginalisierten und diskriminierten Gruppe (schwarze Frau). Diese Reflexion und Selbstpositionierung sei wichtig, sagt Hadija, um uns mit anderen auszutauschen. Denn sie führe unter anderem zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis. "Es sind nicht nur die einen empfindlich und die anderen nicht. Alle sind emotional", sagt sie.
"Diese Frisur können erst dann alle tragen, wenn alle wissen, warum diese Frisuren die einen unterdrücken und die anderen nicht."
Die Dynamik bei Gesprächen über Differenzen sei für alle herausfordernd: "Weil diejenigen, die darauf aufmerksam gemacht werden, etwas nicht gesehen, übersehen, missverstanden oder vielleicht ignoriert zu haben (weil sie es aufgrund einer privilegierten Position können), sind bei diesem Erkenntnis-Prozess genauso verletzlich, wie diejenigen, die sich permanent damit auseinandersetzen müssen, Verletzungen zu erfahren." Dabei gelte: Je privilegierter jemand sei, desto größer sei eben auch die Verantwortung, sich etwa mit diesen Themen zu beschäftigen und gesellschaftliche Veränderung voranzutreiben. Diversität, und auch die zur Debatte notwendige Sprache, sei erlernbar, sagt Hadija: "Es ist ein Handwerk, das man lernen kann."
"Ich bin nicht konfliktscheu. Ich bin für Sprechen und ich bin auch für Streit."
Bei diesem Lernprozess kann Hadijas aktuelles Buch helfen: "Die Schönheit der Differenz. Miteinander anders denken." Darin schreibt sie unter anderem darüber, wie wir in Klassen eingeteilt werden, was die größte marginalisierte Gruppe unserer Gesellschaft ist – nämlich Menschen mit Behinderung – und welche Momente uns besonders in unserer eigenen Entwicklung und Positionierung beeinflussen. Um die Debatten über diese Themen zu führen, würde es auch die passenden Räume brauchen, sagt Hadija. Manche Social-Media-Kanäle seien dafür aus ihrer Sicht nicht so gut geeignet.
"Ich führe keine Twitter-Diskussionen."
Im Deep Talk in dieser Woche spricht Hadija Haruna-Oelker mit Sven Preger über Dreadlocks, wie eine gemeinsame Debatte über unsere Unterschiede besser gelingen kann, wie wir es aushalten, nicht alles zu wissen und wo sie ganz bei sich sein kann.
Wir freuen uns über eure Mails an mail@deutschlandfunknova.de
- Hadija Haruna-Oelker: "Die Schönheit der Differenz. Miteinander anders denken." Btb Verlag, 2022.