Ihre Eltern sind seit langer Zeit ohne Job. Dennoch hat Anna Mayr Abi gemacht und studiert. Dieser Weg ist für Kinder, die in Armut groß werden, immer noch eher Ausnahme als Regel. Und er hat Annas Sicht auf das Thema Arbeitslosigkeit geprägt.
"Es wird immer Menschen geben, die nichts tun", sagt Anna Mayr. "Und wir müssen uns überlegen, wie damit umgehen. Ob wir das mit Scham belegen oder nicht. Ob wir das mit Anklage belegen oder nicht."
Anna hat gerade ein Buch veröffentlicht. Der Titel: "Die Elenden. Warum unsere
Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht".
"Ich glaube, wir haben alle permanent Angst, unsere Position zu verlieren. Egal, wo wir sind. Egal, wer wir sind."
"Diese Abgrenzung nach unten ist vielen Leuten wichtig. Weil es die eine Sache ist, über die sich definieren und die sie stolz macht. Das ist einerseits traurig und andererseits verständlich", sagt Anna. Dabei greife dieses Muster schon sehr lange, spätestens seit Beginn der industriellen Revolution. "Man hat sich den Arbeitslosen oder den Bettler angeguckt und gesagt: Wenn Du so nicht enden willst, dann komm lieber pünktlich Montagmorgen um 9 Uhr in die Fabrik. Und genau so ist das jetzt auch noch."
"Meine Position ist inzwischen, dass Arbeitslosigkeit überhaupt nicht erklärbar sein muss, damit sie gerechtfertigt ist."
Anna Mayr hat selbst erfahren, was es heißt, als Kind von Langzeit-Arbeitslosen im östlichen Ruhrgebiet aufzuwachen. "Mein Vater musste tatsächlich mit meinen guten Zeugnissen zum Jobcenter gehen, die dort vorzeigen und sagen: Guckt, es lohnt sich, dass das Kind Abitur
macht." Nach dem Abitur hat Anna in Köln studiert und schließlich die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Heute ist sie Redakteurin bei der "Zeit".
"Wenn man Menschen gar nicht erst zurücklässt, muss man sie auch nicht hinterher ziehen."
Im Deep Talk spricht Anna Mayr mit Sven Preger über ihren Blick auf Arbeitslosigkeit, über das bedingungslose Grundeinkommen und über das, was sie am Ruhrgebiet mag.
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