"Sei einfach du selbst" – das ist manchmal einfacher gesagt, als es ist. Eva verhält sich bei engen Freunden zum Beispiel anders als bei Uni-Bekanntschaften. Ist das authentisch? Eine Psychotherapeutin hat Antworten.
Spontan sein ist etwas, das Eva eigentlich nicht mag. Sie ist es dann aber doch manchmal, zum Beispiel wenn sie Menschen neu kennenlernt. Wenn die neuen Menschen Spontanität gut finden – und Eva möchte, dass sie sie mögen – dann ist sie auch mal kurzfristig mit am Start, sagt sie.
"Wenn ich das Gefühl habe, die Gruppe, von der ich auch gerne ein Teil sein möchte, ist eine Partygänger-Gruppe, versuche ich schon, dieses Bild aufrechtzuerhalten, dass ich das auch möchte."
Wenn sie sich aber mit ihrer besten Freundin trifft, verhält Eva sich so, wie es ihr in dem Moment tatsächlich geht. Für sie macht die Vertrautheit den Unterschied.
Eva fühlt sich authentisch, wenn es ihr in dem Moment leicht fällt zu existieren, sagt sie. Wenn sie sich aber unsicher fühlt und sie denkt, sie könne dieses Gefühl nicht zeigen, ist das auch anstrengend für sie. "Die Social Battery ist dann relativ schnell entladen. In einem Kreis, in dem ich mich wohlfühlen kann, habe ich diesen Drang nicht, dass ich etwas verstecken muss. Dann fällt es mir leicht zu sein und dann bin da auch gerne. Dann habe ich das Gefühl, dass ich authentisch bin", erklärt sie.
Authentisch sein heißt bei mir sein
Ähnlich wie Eva beschreibt auch Josepha Katzmann dieses Gefühl. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin verdeutlicht, was hinter dem großen Wort "Authentizität" steckt: "Wenn, wie ich mich fühle oder was ich für Gedanken habe – mein Inneres – mit dem, wie ich mich nach außen gebe, möglichst übereinstimmt oder nicht total auseinanderklafft", sagt sie. Dann sind wir authentisch. Das spüren wir auch, weil wir dann zufrieden sind. Es geht uns gut.
"Es geht uns gut, wenn wir authentisch sind."
Und: Wir sind auch dann authentisch, wenn wir uns in verschiedenen Kontexten unterschiedlich verhalten: In ihrer Arbeit als Psychotherapeutin ist Josepha Katzmann zum Beispiel auf ihr Gegenüber fokussiert und dementsprechend zurückhaltender. Welche persönlichen Probleme sie gerade selbst hat, das bespricht sie nicht mit ihren Patient*innen. In einem anderen Kontext – wie einem Gespräch mit einer Freundin – ist sie aber nicht so zurückhaltend. In beiden Situationen ist sie authentisch. Sie ist sie selbst – verhält sich nur eben dem Kontext entsprechend anders.
Erwartungen von außen vs. Was will ich?
Wenn uns jemand sagt, wie wären nicht authentisch, geht es nicht selten um etwas anderes. "Das heißt eigentlich: Du bist nicht so, wie ich dich kenne oder wie ich erwarten würde, dass du bist. Aber das muss ja auch nicht immer so sein. Vielleicht bist du dann gerade in einer anderen Rolle und die kenne ich nicht von dir", erklärt die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.
Bin ich gerade authentisch oder nicht? Die einzige Person, die diese Frage beantworten kann, ist man selbst.
Manchmal sind wir mit unserem authentischen Ich auch nicht so verbunden. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn wir häufig versuchen, bestimmte Erwartungen zu erfüllen. Oder wenn wir oft etwas machen, weil wir denken, das müsse so sein. Ist das eine Haltung, in der wir sehr stark unterwegs sind, kann uns das unzufrieden machen, sagt Josepha Katzmann. Aber: Wir können üben, wieder authentisch zu werden. Denn diese Fähigkeit ist eine, die wir alle in uns haben. Was uns dabei hilft: Ausprobieren und Reflexion, so wie wir es auch als Jugendliche gemacht haben, erklärt die Therapeutin.
"Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass wir uns stetig wandeln."
Auch Ehrlichkeit kann eine gute Orientierung sein auf dem Weg zum authentischen Ich, findet Frederik Schröer. Er ist Historiker an der FU Berlin und forscht dort zu Emotionen und ihren Begrifflichkeiten. Ein ehrlicher Blick auf uns selbst zeigt auch, wie viele Facetten wir haben. Denn: Wir wandeln uns stetig, so Frederik Schröer, und dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass wir nicht so eindimensional sind, wie es manchmal vielleicht den Anschein hat. Wir sind eben nicht in jeder Situation gleich.
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