Ibrahim Evsan und Daniel Höly sind Experten für Digitales und nutzen ihre Social-Media-Kanäle besonders intensiv. Der eine ist irgendwann gelangweilt von den Inhalten, die sich ähneln. Den anderen nervt die große Anzahl an Postings, die er als negativ empfindet. Beide verordnen sich daraufhin - unabhängig von einander - eine zweijährige Pause bei Facebook und Twitter. Und die verändert ihr Leben.
Bis vor einigen Jahren nutzt der Digitalexperte Ibrahim Evsan Facebook noch drei bis vier Stunden pro Tag. Er postet viel und verbringt noch mehr Zeit damit, Postings von anderen zu kommentieren. Daniel Höly, Chefredakteur eines Online-Magazins, ist wiederum ständig auf Twitter angemeldet. Er liest, vergibt Likes, retweetet interessante Inhalte und kommentiert die Postings von anderen Usern. Das ist eine Zeit lang interessant, irgendwann scheinen sich die Inhalte nur noch zu wiederholen. Die beiden Kreativen beschließen unabhängigen von einander, aus ihrer Filterblase auszubrechen.
Nur schlechte Nachrichten
Je öfter Ibrahim bestimmte Postings kommentiert, desto mehr scheint der Algorithmus von Facebook die Timeline an diese Inhalte anzupassen. Besonders nach der Wahl des US-Präsidenten Trump hat Ibrahim den Eindruck, dass das Verhältnis an Postings, die er als negativ empfindet, zunimmt. Auf Dauer will er sich dem nicht mehr aussetzen. Seine Entscheidung, ein Facebook-Pause einzulegen, verändert sein Leben, erzählt er unserer Reporterin Sabine Piel: Plötzlich hat er Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen und Dinge um ihn herum wahrzunehmen - und dabei erlebt er sehr schöne Momente, die er vorher verpasst hat.
"Beispielsweise auf Bahnhöfen oder Flughäfen habe ich unfassbar schöne Dinge gesehen: wie Menschen, die sich lieben, zärtlich umarmt haben. Diese Momente habe ich in den letzten Jahren nicht gesehen, weil ich andauernd auf den Bildschirm geschaut habe."
Auch Daniel Höly legt eine Social-Media-Pause eint: zwei Jahre lang kein Twitter. Ab dem Moment, da er nicht mehr twittert, stellt er fest, wie viel Raum das soziale Netzwerk zuvor in seinem Leben eingenommen hatte, erzählt er.
"Ich hab in sieben Jahren ungefähr 15.000 Tweets abgesetzt - das sind über 2000 Tweets pro Jahr - knappe sechs Tweets pro Tag."
Zu dem Entschluss, eine Pause von Twitter zu nehmen, kommt Daniel gekommen, weil ihn der Microblogging-Dienst immer mehr langweilt. Auch wenn es auf Twitter um unterschiedliche Themen geht, hat Daniel das Gefühl, dass vom Prinzip her immer wieder die gleichen Dinge zwischen den Usern verhandelt werden.
Mehr Kontrolle über die eigene Timeline
Die Twitter-Pause, die Daniel als Konsequenz einlegt, gibt ihm das Gefühl, selbstbestimmter zu sein. Er hat mehr Zeit für seine Familie und Freunde und mehr Ruhe, über Dinge nachzudenken.
"Gerade in der Anfangszeit, als ich Twitter nicht mehr benutzt habe, saß ich ständig irgendwo im Bus oder in der Straßenbahn und hab dann einen Gedanken gehabt und dachte dann, wow, den kannst du mal twittern."
Inzwischen twittern und posten sowohl Daniel als auch Ibrahim wieder, aber sie tun es jetzt viel bewusster, berichten sie. Sie achten darauf, wem sie folgen, was sie kommentieren und sorgen somit dafür, dass sie ihre Timelines stärker mitbestimmen.
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