New York gönnt sich eine Milliarde Austern – lebend. Denn die harten Tiere filtern dreckiges Wasser und bilden Riffe – übrigens auch in der Nordsee. Unser Reporter Sebastian Rams hat sich das Großprojekt mit den Muscheln genauer angesehen.
New York pflanzt vor seiner Küste Austernbänke - nicht in erster Linie zum Verzehr, sondern um das Meerwasser zu filtern und die Artenvielfalt zu vergrößern. Bis 2035 will das The Billion Oyster Project eine Milliarde Austern ansiedeln. Projektleiterin Katie Mosher bezeichnet Austern als Ingenieure des Ökosystems, denn Austernbänke sorgen für saubereres Wasser, für mehr Licht auf dem Meeresboden und auch für Schutz vor großen Wellen.
Wegen Überfischung und extremer Wasserverschmutzung ist die Auster in New Yorker Gewässern am Anfang des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben. Bei der Renaturierungsaktion The Billion Oyster Project helfen auch viele Freiwillige, auch mehr als hundert Schulen machen mit. Im Rahmen des Projekts werden zunächst leere Austernschalen aus 70 Restaurants eingesammelt – nach Schätzungen verputzen die New Yorker und Besucher der Stadt wöchentlich eine halbe Millionen der Muscheln.
Austernriffe als Lebensraum
Die leeren Schalen werden gereinigt, dann werden Austernlarven ein- und zusammen auf Container im Meer ausgesetzt. Bisher sollen es circa 28 Millionen Stück sein. In erster Linie geht es darum, das Küstengewässer mit Hilfe der Auster zu reinigen und die Artenvielfalt zu erhöhen. Die besondere Rolle der Auster erklärt Achim Wehrmann vom Forschungsinstitut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven. Er sagt, dass die Tiere regelrechte Riffe bilden – und dabei ziemlich schnell sind.
"Die Auster ist eine lebensraumgestaltende Art. Die pazifische Auster hat innerhalb von zehn Jahren riesige Riffstrukturen aufgebaut - allein in Niedersachsen waren das rund 200.000 Tonnen."
Austernbänke dienen als Lebensraum für viele andere Organismen und bieten ihnen Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten, zum Beispiel für junge Fische. Auf der anderen Seite sind Austern gute Reinigungskräfte, weil sie das Wasser filtern.
Die Leiterin des Renaturierungsprojektes in New York sagt, dass das Wasser im New Yorker Hafen seit 150 Jahren nicht mehr so sauber war. Und das liege auch an den Filtereigenschaften der Austern.
"Eine ungefähr zehn Zentimeter große Auster filtriert ungefähr drei Liter Wasser in der Stunde. Wenn man auf so einem Austernriff war, sieht man, dass das Wasser deutlich klarer ist als in der weiteren Umgebung."
Das Bundesamt für Naturschutz gibt für die Europäische Auster sogar einen Filtrierungswert von bis zu 240 Liter pro Tag und Auster an. Da kommen in 20 bis 30 Jahren, so alt werden Austern geschätzt, gewaltige Menge zusammen. Diese Leistungsfähigkeit kann für die Austern gefährlich werden. Bei zu hohen Schadstoffkonzentrationen sterben Austern vorzeitig.
Austern sammeln Gifte und Erreger
Aber ansonsten können Muscheln damit relativ gut umgehen. Ein Teil der Schadstoffe wird normalerweise wieder ausgeschieden, sagt Achim Wehrmann, aber ein Teil kann auch im Muskelfleisch eingelagert werden. Das können Gifte, industrielle Schadstoffe, aber auch Krankheitserreger sein.
"Die Auster nimmt diese Schadstoffe auf und die haben einen negativen Einfluss auf den Stoffwechsel. Die sind dann nicht ganz so fit, wie Exemplare, die diese Schadstoffe, Krankheitserreger oder Parasiten nicht haben."
Ihr Ziel ist eine Milliarde Austern in den Gewässern vor New York: Mit dem folgenden Foto päsentiert sich das Billion Oyster Project.
Auf unserem Bild oben zeigt ein kroatischer Austernzüchter im Jahr 2016 seine Ernte.
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