Vor zehn Jahren tötete der Terrorist Anders Breivik 77 Menschen in Norwegen. Mit der Tat selbst und seinen Veröffentlichungen im Internet fasziniert Breivik bis heute Nachahmer. Die Journalistin Karolin Schwarz spricht über die Gründe für diese Faszination.
Norwegen gedenkt heute (22.07.2021) der Opfer von Utøya und Oslo. Vor zehn Jahren tötete Terrorist Anders Breivik 77 Menschen. Am 22.07.2011 explodiert zunächst im Osloer Regierungsviertel eine Bombe. Acht Menschen starben. Auf der Insel Utøya erschießt Breivik später 69 junge Menschen. Seine Motive waren Rassismus und Islamfeindlichkeit. Das wird aus Breiviks Veröffentlichungen im Internet deutlich. Es geht um antiliberale, antifeministische, islamfeindliche und auch antisemitische Gedanken.
Karolin Schwarz ist Journalistin und Autorin des Buches "Hasskrieger – der neue globale Rechtsextremismus“. Sie beschäftigt sich mit dem Thema Rechtsterrorismus und veröffentlicht regelmäßig Beiträge, zum Beispiel bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Expertin erklärt die Faszination von Anders Breivik für Rechtsterroristen.
"Seit 2011 haben sich mehrere Rechtsterroristen auf die Tat von Oslo und Utøya bezogen. Auch der Täter von München, der 2016 zum selben Tag seine Tat begangen hat. Aber auch seitdem – zum Beispiel 2019 – gab es immer wieder Bezugnahmen auf diesen Anschlag."
Große Außenwirkung - hohe Opferzahlen
Und auch die große Außenwirkung, die Breivik mit seiner Propaganda erzeugt hat, fasziniere Rechtsterroristen, so Schwarz. Denn sein Pamphlet hatte er an mehr als tausend Empfänger verschick und im Internet ein Video veröffentlicht.
"Er wollte die Tat selbst auch streamen. Also es ging eben viel um die Verbreitung der Propaganda über das Internet. Und daran haben sich Täter seitdem orientiert."
"Das ist – wenn man sich ein wenig auskennt mit den Kreisen, in denen Verehrer von Rechtsterrorismus sich bis heute bewegen – nicht ganz so schwer zu finden. Es ist auch sonst zu finden. Und es gibt auch sonst eine ganze Reihe von Schriften, die dort verbreitet werden und immer wieder zitiert werden."
Nach Einschätzung von Karolin Schwarz sei es schwer, die Verbreitung von Breiviks Botschaften im Netz zu unterbinden. Denn es sind, weiß Schwarz, viele Plattformen, auf denen sich Rechtsterroristen bewegen.
"Es wird etwas gegen die Verbreitung des Materials getan. Zum Beispiel werden die Propaganda-Videos – so sie denn gefunden werden – auf den großen Plattformen gelöscht. Aber es gibt eben immer wieder Räume, in die man sich zurückzieht und die eben schwerer für die Plattformen zu finden und zu löschen sind. Aber auch Sicherheitsbehörden können und müssen da ein Auge darauf haben."
Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Karolin Schwarz sagt, es gebe noch reichlich zu tun, was die Aufarbeitung gesamtgesellschaftlich betrifft. In den Sicherheitsbehörden zum Beispiel gebe es Nachholbedarf, weil neben alleinhandelnden Tätern noch andere Täter vorhanden seien. Insgesamt müsse die Gesellschaft - mit Blick auf solche Taten - wacher werden.
"Als Gesellschaft an sich müssen wir schauen, dass wir wacher werden. Dass wir aufmerksamer werden, weil viele Täter vorher über die Planung der Tat sprechen. Und in gewisser Weise auch ankündigen, dass sie Menschen töten wollen."