Die USA steigen aus dem Atomabkommen mit dem Iran aus. Das hat Präsident Donald Trump offiziell verkündet. Wir nehmen seine Begründung unter die Lupe.
"Der Atomdeal könne nicht verhindern, dass der Iran die Weltöffentlichkeit belügt und betrügt, sagt Donald Trump."
In seiner Rede zur Begründung des Ausstiegs hat der US-Präsident vier Behauptungen aufgestellt, sagt unser USA-Korrespondent Thilo Kößler:
- Behauptung Nr. 1: Der Vertrag mit dem Iran sei "desaströs". Er funktioniere nicht und könne den Iran nicht am Bau einer Atombombe hindern.
- Behauptung Nr. 2: Die iranische Beteuerung, Uran nur zu friedlichen Zwecken anreichern zu wollen, sei eine glatte Lüge gewesen, so Trump. Mit dieser Aussage hat er sich auf die neuen – angeblichen – Beweise von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu berufen, sagt Thilo Kößler.
- Behauptung Nr. 3: Nach den Sunset-Bestimmungen, die sich auf das Ende der Laufzeit des Vertrages im Jahr 2025 beziehen, stehe es dem Iran angeblich frei, so viele Atombomben zu bauen, wie das Land möchte. Das wiederum würde die Voraussetzung schaffen für ein atomares Wettrüsten im Nahen Osten.
- Behauptung Nr. 4: Die Kontrollmechanismen würden viel zu kurz greifen, Inspektionen seien nicht flächendeckend möglich, und die Bedingungen, alles zu überprüfen, seien lückenhaft.
Die Behauptungen im Faktencheck
- Zu Nr. 1 und 4: Die Behauptung, der Iran habe sich nicht an das Abkommen gehalten, stimmt nicht, sagt Thilo Kößler. Selbst der amerikanische Geheimdienst habe immer wieder betont, es gebe keinerlei Hinweise dafür, dass der Iran gegen Auflagen verstoße. Auch Mike Pompeo, seit dem 26. April 2018 US-Außenminister, habe das bei seiner Anhörung im Kongress bestätigt.
- Zu Nr. 2: Die neuen israelischen Argumente, der Iran habe weiter an Atomprogrammen gearbeitet, sind nicht bestätigt worden, sagt unser USA-Korrespondent. Netanjahu habe bei der Vorstellung seiner "Beweise" im Wesentlichen die Erkenntnisse vor der Einführung des Abkommens geschildert und nicht die danach. Netanjahu hat Schützenhilfe für Trump geleistet, sagt Thilo Kößler.
"Man muss annehmen, dass das eine konzertierte Aktion war. Wieso sonst hat Netanjahu seine Show auf englisch abgezogen und nicht auf hebräisch? Das ging ganz klar an das amerikanische Publikum."
- Zu Nr. 3: Dass das Abkommen zu einem atomaren Wettrüsten führe, ist schlichtweg falsch, sagt Thilo Kößler. Genau das Gegenteil sei der Fall: Erst wenn der Iran sein Atomprogramm wieder aufnehme, würden Begehrlichkeiten im Nahen Osten wach, etwa bei Saudi-Arabien und Ägypten. Sie würden dann Sicherheitsbedenken geltend machen und für sich selbst die Atombombe reklamieren.
Internationale Kritik, Lob aus Israel
Donald Trump hat angekündigt, zu den harten Sanktionen gegen Teheran zurückzukehren. Und er will einen neuen, strengeren Atom-Vertrag mit dem Iran verhandeln. Israel nannte Trumps Entscheidung mutig und richtig.
Die EU möchte an der bestehenden internationalen Vereinbarung festhalten. Auch der Iran will das – vorerst – tun, droht aber gleichzeitig mit neuer Urananreicherung.
Obama meldet sich zu Wort
Normalerweise mischt sich Barack Obama nicht in tagesaktuelle Geschehnisse ein. Trumps Entscheidung hat er jetzt aber einen "schweren Fehler" genannt, eine Missachtung internationaler Abkommen in Folge.
"Auch Republikaner sagen: Die Glaubwürdigkeit der USA steht auf dem Spiel. Sie laufe sogar Gefahr, sich zu isolieren."
Nicht nur Trump-Kritiker, auch Republikaner äußerten sich zurückhaltend bis kritisch, berichtet Thilo Kößler: Sie seien sich sicher, das Atomabkommen habe den Nahen Osten sicherer gemacht und nicht unsicherer. Die USA treibe einen Keil zwischen sich und seine Verbündete.
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