Von wegen "Wir schaffen das". Die sozialdemokratische Regierung Dänemarks hat sich gegenüber Geflüchteten Härte angewöhnt – symbolisch und durch Ausnahmeregeln innerhalb der EU. Nach innen scheint sich die Strategie politisch auszuzahlen.

Menschenrechte und Asylrecht hier, Sozial- und Fremdenangst dort. Angesichts zunehmender Flucht- und Migrationsbewegungen bemüht sich die europäische Einwanderungspolitik um eine gemeinsame Position.

Gemeinhin wird mit einer europäischen Einigung auf eine Asylkrisenverordnung gerechnet (Stand 29.09.2023). In der Bundespolitik ist das Thema spätestens mit den Äußerungen des Oppositionsführers Friedrich Merz (CDU) zur zahnmedizinischen Versorgung Geflüchteter angekommen.

Harte Asyl- und Migrationspolitik

Dänemark gilt gemeinhin als sehr liberal, in der Asylpolitik aber als sehr hart. Seit 2019 regiert dort die Sozialdemokratin Mette Frederiksen. Die dänische Regierung wird für ihre Härte von Flüchtlingsorganisationen und innerhalb der Europäischen Union kritisiert.

"Asylpolitik ist in Dänemark schlicht gerade kein Thema."
Julia Wäschenbach, ARD-Korrespondentin für Skandinavien mit Sitz in Stockholm

Im Land selbst gibt es momentan keine Diskussion um die Einwanderungs- und Asylpolitik, berichtet Julia Wäschenbach. Sie arbeitet als Korrespondentin für Skandinavien von Stockholm aus. Sie schätzt, dass rund zwei Drittel der Bevölkerung hinter der Regierungslinie stehen.

Anzeigen zur Abschreckung

Nach der Flüchtlingskrise 2015 haben die Sozialdemokraten in Dänemark eine relativ radikale Wende hin zu einer harten Ausländerpolitik vollzogen, sagt Julia Wäschenbach. Unter anderem hat die Partei angekündigt, ein Asyllager in Ruanda einzurichten und abschreckende Anzeigen im Libanon geschaltet.

Der Tenor: Kommt bitte nicht nach Dänemark. Immerhin arbeitet die dänische Regierung bei Abschiebungen kategorisch nicht mit dem syrischen Assad-Regime zusammen – anders als angekündigt. Auch das Lager in Ruanda gibt es bislang nicht (Stand 29.09.2023).

"Als die Sozialdemokraten 2019 mit Mette Frederiksen die Macht zurückerobert haben, haben sie die harte Asylpolitik nicht nur weitergeführt, sondern auch noch einen draufgesetzt."
Julia Wäschenbach, ARD-Korrespondentin für Skandinavien mit Sitz in Stockholm

Bei der Wählerschaft kommt die Abschreckungspolitik gut an. Die Regierung kombiniere Populismus mit Symbolpolitik und sehe sich durch niedrige Geflüchtetenzahlen bestätigt. "Allerdings spielen noch viele andere Faktoren mit rein, Dänemarks geografische Lage zum Beispiel", schränkt Julia Wäschenbach ein.

Die Signale der dänischen Regierung seien klar. "Wir wollen diese Menschen hier nicht haben. Sie sollen möglichst schnell zurück", so beschreibt es Julia Wäschenbach. Sie weist darauf hin, dass sich Dänemark einige Sonderregeln innerhalb der Europäischen Union ausgehandelt hat: einen Verteidigungsvorbehalt und Ausnahmen im Justizbereich. "Deshalb ist Dänemark bei Asylverfahren nur zum Teil an EU-Recht gebunden", erklärt sie.

Shownotes
Asylpolitik in der EU
"Kommt bitte nicht nach Dänemark"
vom 29. September 2023
Moderation: 
Niklas Potthoff
Gesprächspartnerin: 
Julia Wäschenbach, ARD-Korrespondentin für Skandinavien mit Sitz in Stockholm