Auf der Erde ist der Anteil zwischen Männern und Frauen ungefähr fünfzig zu fünfzig. Im Weltall aber ganz und gar nicht. 560 Männer waren bisher im Weltraum, aber nur 62 Frauen. Claudia Kessler will das ändern und fördert Frauen bei dem Ziel, Astronautin zu werden.
Die Zahlen kommen vom Büro der Vereinten Nationen für Weltraumfragen und sind eindeutig: 560 Männer waren bisher im Weltraum, aber nur 62 Frauen. Das muss nun auch der europäischen Weltraumorganisation ESA aufgefallen sein. Denn sie sucht gezielt nach Astronautinnen.
Das ist mehr als überfällig, findet Claudia Kessler. Sie ist Ingenieurin für Luft und Raumfahrttechnik und versucht, mit einer privaten Stiftung, Frauen ins All zu kriegen.
Veraltete Auswahlkriterien kommen Männern zu Gute
Ein Grund für den krassen Männerüberschuss sei, dass die Auswahlkriterien veraltet sind, erklärt Claudia Kessler. Zum Teil stammen sie aus den 1960er Jahren. Damals seien ganz andere Profis gesucht worden als heute.
"Die Auswahlkriterien stammen zum Teil aus der Zeit der Apollo-Missionen, als man Militärpiloten suchte und nicht wie heute Wissenschaftler."
Wer ins All will, muss in der Regel eine naturwissenschaftliche oder Ingenieurs-Ausbildung haben oder Berufserfahrung als Pilot vorweisen. Dazu komme die mentale Belastbarkeit, erklärt Claudia Kessler. Schließlich müsse man eine lange Zeit mit einer internationalen Crew auf engstem Raum zusammenarbeiten und in Krisensituationen schnell Entscheidungen fällen können.
Die größten Hindernisse: Geld und Corona
Sicher, das ist eine anspruchsvolle Jobbeschreibung, aber ganz und gar nicht unmöglich für Frauen. Zurzeit versucht Claudia Kessler zwei Astronautinnen ins All zu bringen: Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall. Die Stiftung organisiert und finanziert das sogenannte Basistraining, also Parabelflüge, Unterdruckkammer und weitere wissenschaftlich-technische Ausbildungen. Suzanna Randall, so das Ziel, soll Teil einer ISS-Mission werden.
Die größte Hürde dabei sei derzeit die Finanzierung, erklärt Claudia Kessler. Es gibt kommerzielle Flüge ins All. Diese Kosten müsste die Bundesregierung übernehmen. Die Stiftung rund um Claudia Kessler kämpft nun darum, dass das passiert. "Wir haben die letzten Jahre versucht, die Bundesregierung davon zu überzeugen, dass das gerecht wäre, wenn nach elf deutschen Männern auch eine deutsche Frau mit Steuergeldern finanziert ins All fliegen würde."
Hauptkriterium für alle Beteiligten: ein langer Atem
Derzeit erschwert neben der Finanzierung auch die Pandemie das Vorhaben. Eigentlich sollte Anfang dieses Jahres eine Mission starten, sagt Claudia Kessler. Wegen Corona wurde aber sie aber auf frühsten 2022 verschoben.
"Wir gehen nicht davon aus, dass wir scheitern. Die Zeit ist reif dafür, endliche eine deutsche Frau ins All zu schicken."
Ob Corona, veraltete Kriterien oder fehlende Finanzierung, Claudia Kessler bleibt dran. "Ich bin eine endlose Optimistin", sagt sie über sich selbst. Und sie weiß, auf eine Weltraummission zu warten, gehört dazu. Auch bei anderen Astronauten habe es mitunter jahrelang gedauert. "Die Astronautinnen", bekräftigt sie "sind sehr motiviert, und wir werden weiter dafür kämpfen, dass sie Teil einer Mission werden."