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In China posten gerade viele Goths Fotos von sich – aus Protest: Hintergrund ist ein Vorfall in der südchinesischen Hafenstadt Guangzhou. Dort musste sich eine Frau offenbar abschminken, um die U-Bahn betreten zu dürfen.

Durch das chinesische Netzwerk Weibo geht gerade ein Hashtag: #为广州地铁发自拍 - das bedeutet so viel wie: "Macht Selfies für die Guangzhou Metro", bei uns heißt der Hashtag #ASelfieForTheGuangzhouMetro. Unter dem Hashtag finden sich Bilder von Menschen in Gothic-Montur. Sie protestieren damit gegen Diskriminierung – und solidarisieren sich mit einer Frau aus der chinesischen Hafenstadt Guangzhou, einer Großstadt mit rund 15 Millionen Einwohnern.

Post über diskriminierenden Vorfall

Die Frau postete auf Weibo über ein Erlebnis in der U-Bahn: Beim Betreten der U-Bahn-Station wurde sie offenbar von den weiblichen Sicherheitskräften dazu aufgefordert, ihr Goth-Make-up zu entfernen. Die Begründung: Ihr Look sei "fürchterlich" und "problematisch". So könne sie nicht mit der Bahn fahren.

"Die Frau mit dem Goth-Outfit war so wütend darüber, dass sie einen Post im chinesischen Micro-Blogging-Portal Weibo verfasste. Und dieser Post wurde sofort von vielen Usern repostet."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Im Post schrieb die Frau, sie fühle sich diskriminiert und sei sich nicht sicher, ob es eine legale Grundlage dafür gäbe, ihr den Zutritt zur U-Bahn zu verweigern, weil sie einen Gothic-Look trage. Sie schrieb: "Ich hoffe, dass ich diese relativ öffentliche Plattform nutzen kann, um die Behörden herauszufordern. Welche Gesetze geben euch das Recht, mich zu stoppen und meine Zeit zu verschwenden?" Außerdem habe sie festgestellt, dass andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Ein Screenshot des Posts auf Weibo
© Screenshot Weibo
Ein Screenshot des Posts auf Weibo

Posieren, um zu protestieren

Viele User teilten das Posting der Frau und zeigten sich solidarisch: Tausende posteten Selfies von sich im Goth-Outfit. Das Onlineportal Quartz schreibt, dass die Posts unter dem Hashtag bereits mehr als 5,4 Milliarden Views auf Weibo haben. "Das ist beachtlich für eine Plattform, die rund 460 Millionen regelmäßige User hat", sagt unsere Netzreporterin Martina Schulte.

"Der Post löste ein für chinesische Verhältnisse recht beachtliche Protestwelle aus."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Mittlerweile hat sich die Guangzhou Metro auf Weibo dafür entschuldigt, "unangemessen" auf das Goth-Make-up reagiert zu haben. Die User posten aber weiter Fotos in Goth-Outfits von sich. In ihren Posts schreiben sie laut Quartz Sätze wie: "Ihr habt kein Recht ein Mädchen aufzufordern ihr Make-Up in der Öffentlichkeit zu entfernen" oder: "Niemand kann mich daran hindern zu sein, was auch immer ich sein will".

Subkulturen gelten in China als schädlich

Noch stehen die Posts online – die Frage ist nur, wie lange. Die BBC schreibt zu dem Vorfall, dass China Subkulturen genau im Auge behält, die einen schädlichen Einfluss auf junge Bürgerinnen und Bürger haben könnten. Besonders, wenn sie aus dem Ausland kommen. Und das ist bei der Gothic-Bewegung der Fall: Gothic kam vor allem über Japan nach China – aber auch über das Twilight-Franchise.

"Beim Auftritt männlicher Künstler werden Tattoos und Ohrringe bei Fernsehübertragungen geblurred, also verwischt dargestellt. Die Frage ist nur, was das bringt."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Ein Beispiel für die Zensur der chinesischen Behörden: Beim Auftritt von männlichen Stars aus dem Ausland werden Tattoos und Ohrringe bei Fernsehübertragungen unkenntlich gemacht. Der Effekt sei aber fraglich, sagt unsere Reporterin. Denn viele junge Chinesinnen und Chinesen haben genug Geld und reisen um die Welt. Und da sehen sie sicherlich viele Tattoos und noch mehr.

Das Foto ist ein Symbolbild einer Fashion-Show und stellt keine erwähnten Goths dar.

Mehr zum Thema:

Shownotes
#ASelfieForTheGuangzhouMetro
Chinesische Goths solidarisieren sich durch Selfies
vom 21. März 2019
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin