In Deutschland leben tausende unbekannte Tierarten. Vor allem sehr kleine Arten sind schlecht erforscht, sagen Biologen der Zoologischen Staatssammlung München. Die Ergebnisse ihrer Forschung hilft, die Artenzusammensetzung in einem Ökosystem besser zu verstehen.
Wenn ihr beim Fahrradfahren eine Fliege verschluckt, könnte sie zu einer unbekannten Art gehören! Denn gerade diese kleinen Arten sind es, die so schlecht untersucht sind, sagt der Insektenforscher Jérôme Morinière von der Zoologischen Staatssammlung in München.
Die ganz kleinen Arten, die kleinen schwarzen Punkte, die man auch kennt, wenn man Fahrrad fährt und die einem in den Mund fliegen. Also alles, was sehr klein ist, ist oft auch sehr schlecht erforscht."
Die größten Lücken in der Forschung gebe es zum Beispiel bei der Familie der Fliegen, und Hautflüglern wie kleine Wespen. Denn viele Insektenforscher würden sich mehr auf Käfer, Schmetterlinge und Libellen konzentrieren. Die machen ein Drittel der bekannten 30.000 Insektenarten in Deutschland aus. Doch mit diesem Drittel befassen sich 90 Prozent der taxonomischen Forscher, sagt Jérôme Morinière.
Fliegen und ähnliches Kleinviech schwer zu bestimmen
Fliegen und andere kleine Insekten sind in ihrem Erscheinungsbild oft nur schwer und mit viel Erfahrung mit einer Tiergruppe zu unterscheiden.
"Du musst viel Erfahrung haben mit einer Tiergruppe, um sicher sagen zu können, das ist die und die Art, oder eine andere Art, weil da das Hinterbein so und so aussieht oder die Mundwerkzeuge oder ..."
Fachleute für die kleineren, unscheinbaren Tierarten fehlen oft. Die Erkenntnis, dass es in Deutschland deutlich mehr Arten gibt als bisher bekannt, ist sozusagen ein Nebenprodukt der genetischen Untersuchungen der Forscher aus München: Seit Jahren sind sie nämlich dabei, eine genetische Datenbank aller 50.000 bisher in Deutschland bekannten Tierarten zu erstellen. Über das sogenannte DNA-Barcoding können Arten sehr viel einfacher auseinandergehalten werden, ohne dass die Tierchen einzeln unter die Lupe gelegt werden müssen.
Das Problem des Insektensterbens bleibt
Gesammelt werden die DNA-Barcodes von allen bekannten und beschriebenen Tieren. Die Forscher untersuchen aber auch das genetische Material, das in großen Fallen gefangen wurde. So sind sie auch auf viele DNA-Barcodes gestoßen, die auf unbekannte Arten hinweisen.
Auch wenn es viele unbekannte Arten gibt, das Problem des Insektensterbens ändert sich nicht. Die Biomasse wird trotzdem weniger. Viele Arten verschwinden, deren Funktion fürs Ökosystem wir noch gar nicht kennen, sagt Jérôme Morinière. Mithilfe des DNA-Barcodings ist es besser möglich, die Artenzusammensetzung in einem Ökosystem zu verstehen.
Bei dem Bild zu diesem Artikel handelt es sich um ein Symbolbild, da es - naheliegenderweise - keine Bilder unbekannnter Arten gibt.
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