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Sich Glühwürmchen anzuschauen, kleine Leuchtpunkte im Dunkeln, kann etwas Magisches haben. Doch der Glühwürmchen-Tourismus hat auch seine unschönen Seiten: Er könnte nämlich die Bestände gefährden, sagt ein Forscherteam aus den USA.

Glühwürmchen sind Käfer. Es gibt über 2000 verschiedene Arten – und nicht alle blinken sie gleich. Einige Arten synchronisieren zum Beispiel ihr Leuchten und schimmern dann alle zur gleichen Zeit. Ein faszinierendes Schauspiel, das immer mehr Leute sehen wollen: Der Glühwürmchen-Tourismus boomt.

Forschende schätzen, dass in den letzten Jahren jedes Jahr eine Million Menschen in mindestens 12 Ländern unterwegs waren, um Glühwürmchen zu betrachten. Es gibt richtige Events mit geführten Touren: Die Touris können zum Beispiel erst ein Dinner buchen und werden dann anschließend über versteckte Pfade oder mit Booten an die Glühwürmchen-Hotspots gebracht. 225 Dollar pro Person kostet zum Beispiel ein mehrtägiges (und an allen Terminen bereits ausgebuchtes) Event in Norton Creek in den USA. Auch in Malaysia sind Glühwürmchen angesagt.

Der Reiz leuchtender Käfer

Gelb leuchtende Glühwürmchen fliegen über eine Wiese.
© Imago | Westend61
So schön kann es sein: Gelb leuchtende Glühwürmchen fliegen über eine Wiese.

In manchen Ländern hat das Glühwürmchen-Watching eine sehr lange Tradition, berichtet Anna Kohn von Deutschlandfunk Nova: In Japan oder Thailand zum Beispiel gibt es solche Events an einigen Orten schon seit Jahrhunderten. Mittlerweile aber eben auch in Tennessee oder North Carolina, genauso wie in Portugal oder Italien. In Deutschland kann man zwar auch Glühwürmchen sehen – hier von einem Tourismus zu sprechen, gehe aber zu weit, sagt Anna Kohn.

Doch die Events sind ein Problem, sagen Forschende der Tufts University in Massachusetts in einer Studie:

  • Zum einen zertrampeln die Touris die Leuchtkäfer – vor allem die Larven und die weiblichen Exemplare: Bei einem Viertel der Glühwürmchen-Arten weltweit haben die Weibchen nämlich keine Flügel und können nicht fliegen. Damit sind sie der Gefahr, zertrampelt zu werden, besonders ausgesetzt.
  • Außerdem fühlen sich die Tiere durch die Lichtverschmutzung gestört, die die Touris mit ihren Smartphones und Taschenlampen verursachen. Auch leuchtende Hinweis-Schilder finden sie doof. Licht stört die Glühwürmchen beim Paaren.
  • Schließlich wird der Lebensraum der Käfer zerstört, indem Straßen oder Restaurants für die Besucher gebaut werden. Auch ohne den Tourismus ist das schon ein Problem für die Glühwürmchen-Bestände.
  • Dazu kommen noch die Insektengifte.
"Als Negativ-Beispiel nennen die Forschenden Amphawa in Thailand, einen Ort südwestlich von Bangkok."
Anna Kohn, Deutschlandfunk Nova

In Amphawa in Thailand ist die Zahl der Ausflugsboote zu den Glühwürmchen von 2004 bis 2010 rapide gestiegen – teilweise gab es dort nachts bis zu 200 Touren. Manche Bootsführer haben dabei die Bäume angestoßen, um die Leuchtkäfer aufzuscheuchen. In den folgenden Jahren ist die Population um schätzungsweise 80 Prozent geschrumpft.

Zahlreiche Schutzmaßnahmen

Um so etwas zu verhindern, liegen Maßnahmen eigentlich auf der Hand: Entsprechende Bereiche absperren, damit nichts zertrampelt werden kann. Touristen anweisen, dass sie auf den ausgewiesenen Wegen bleiben. Erhöhte Besucherplattformen bauen. Die Besucherzahl beschränken. Die lokale Community mit einbinden: Zum Beispiel sollten Tourguides oder Bootsführerinnen vernünftig ausgebildet werden.

"Wer einmal ein faszinierendes Glühwürmchen-Spektakel erlebt hat, die oder den kann das durchaus für den Naturschutz begeistern."
Forschende der Tufts University in ihrer Studie

Am besten sollten natürlich auch die Touristinnen und Touristen bei ihrem Besuch etwas über Naturschutz beigebracht bekommen. Denn, auch das sagen die Forscher: Wer einmal ein faszinierendes Glühwürmchen-Spektakel erlebt hat, die oder den kann das durchaus für den Naturschutz begeistern.

Atempause durch Corona (?)

Wegen der Pandemie haben die Glühwürmchen zwar eine kleine Atempause bekommen, sagt Anna Kohn. Das heiße aber nicht, dass der Glühwürmchen-Tourismus gerade gar nicht stattfindet. Denn es gibt ja auch den lokalen Tourismus: Auf Tiktok geht etwa zurzeit ein Video viral, in dem ein Pärchen einen Tunnel in einem Wald in der Nähe von Sydney zeigt. 400 Meter ist der Tunnel lang und an der Decke und den Wänden schweben tausende Glühwürmchen. Das Ganze sieht aus wie eine Galaxie.

Der Tunnel ist jetzt superbekannt. Das Pärchen rät anderen Besuchern, besser an einem Wochentag zu kommen, sonst sei es zu voll…

Shownotes
Artenschutz
Die unschönen Seiten des Glühwürmchen-Tourismus
vom 22. März 2021
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Anna Kohn, Deutschlandfunk Nova