Wie viele Tier- und Pflanzenarten aktuell durch den Menschen bedroht sind, hat der Biologe Axel Hochkirch untersucht. Ohne dieses biologische Wissen gibt es keinen Schutz, ist er überzeugt. Die Prachtlibelle ist sein lebendes Beweismittel.
Jede fünfte Tier- und Pflanzenart in Europa ist mehr oder weniger stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Weltweit sind es rund zwei Millionen Arten, die gefährdet sind. Axel Hochkirch lehrt Biodiversität und Naturschutz an der Universität Trier und ist Kurator für Ökologie am Nationalmuseum für Naturgeschichte Luxemburg. Er und ein Team von Forschenden haben die Bedrohungslage für insgesamt rund 15.000 europäische Arten ermittelt.
"Bei den Süßwassermollusken sind fast 60 Prozent aller Arten gefährdet."
2839 der untersuchten Arten, das sind rund 19 Prozent, sind vom Aussterben bedroht. 125 Tier- und Pflanzenarten gelten bereits jetzt als ausgestorben, regional ausgestorben oder möglicherweise ausgestorben. "Die Gefährdungsursachen sind im Großen und Ganzen bekannt", sagt der Biologe.
Als einen der Gründe nennt er die intensivere Nutzung der Land- und Meeresflächen – also die Überfischung der Meere auf der einen und die Landwirtschaft auf der anderen Seite, die immer größere Maschinen für immer größere Felder nutzt. Dazu kommt der Pestizid- und Düngemitteleinsatz.
Nachhaltiges Wirtschaften als Schutzfaktor
Bekannte Gegenmittel sind beispielsweise nachhaltigere Wirtschaftsmethoden – in der Fläche. Solche Umstellungen haben positive Effekte auf den Artenschutz. Konkret nennt Axel Hochkirch beispielsweise:
- Fortwirtschaft: Bevorzugung heimischer Gehölze
- Wasserwirtschaft: Renaturierung von Fließgewässern
- Weidetierhaltung: geringere Bestandsdichte, reduzierter Düngemittel- und Pestizideinsatz
Kommt noch das großflächige Anlegen von Hecken und Blühstreifen hinzu, machen auch diese Flächen die Landschaft weniger einheitlich – und damit wirksamer für den Schutz der allgemeinen Artenvielfalt.
"Gut sind Maßnahmen, die die Heterogenität in der Landschaft wiederherstellen."
Speziell die Renaturierung von Fließgewässern zahle sich bereits heute aus "Da gibt es extrem viele Libellenarten, die sich in Deutschland wieder deutlich erholt haben", sagt Axel Hochkirch – die Prachtlibelle (calopteryx splendens) beispielsweise (unser Bild oben).
Das Überleben der Prachtlibelle
Als bekanntere Arten, die sich erholt haben, nennt er beispielsweise Fischotter, Biber, Seeadler, Fischadler und Kranich. Er ist überzeugt, dass Artenschutz dann funktioniert, wenn alle Menschen ein Interesse daran haben. Sobald die Gefährdungsfaktoren spezifischer Arten bekannt sind, ließen sie sich eben auch gemeinsam bekämpfen. Dazu müsse das Wissen des Artenschutzes und die Praxis der Landverwaltung und Landbewirschaftung zusammengebracht werden.
"Die meisten Arten sterben nicht aus, weil es bewusst gewollt ist, dass sie aussterben. Das passiert eher aus Unwissenheit."