Immer mehr Angestellte machen Homeoffice: Fast 40 Prozent arbeiten in Ausnahmefällen oder regelmäßig von zu Hause. Das hat Vorteile wie freie Zeiteinteilung, aber auch Nachteile, wenn sich Arbeits- und Freizeit nicht mehr klar trennen lassen.
Barbara (Name von der Redaktion geändert) mag Homeoffice, aber sie nervt die virtuelle Kontrolle. Zwei Tage in der Woche arbeitet sie von zu Hause - auf Wunsch der Firma. Sie ist bei einem großen Dienstleistungsunternehmen angestellt und im Büro herrscht Platzmangel. Deshalb teilt sich Barbara ihren Schreibtisch mit einer Kollegin. Prinzipiell ist das für Barbara in Ordnung, aber Homeoffice bedeutet viel Kontrolle durch die Firma.
"Was ich nicht am Homeoffice mag: Dass ich gläsern bin. Dass mich mein Arbeitgeber mittlerweile ganz genau kontrollieren kann."
Denn wenn Barbara zu Hause arbeitet, dann passiert das unter virtueller Aufsicht. Sobald Barbara im System des Unternehmens angemeldet ist, ist ihr Arbeitspensum einsehbar. Das heißt, für den Arbeitgeber ist nachvollziehbar, ob Barbara gerade telefoniert. Auch ob, sie tatsächlich arbeitet oder nur der Rechner eingeschaltet ist. Die Vorgesetzten können permanent überprüfen, was Barbara im Homeoffice gerade leistet oder eben auch nicht.
"Ich hab einen ziemlichen Kontrollfreak als Vorgesetzten. Ich glaube, er hat ein Problem damit, dass er eben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht sieht."
Der Arbeitspsychologe Frank Berzbach kritisiert Homeoffice. Der Arbeitgeber spare natürlich Kosten, wenn er die Arbeit der Angestellten in deren Privatsphäre verlagere. Dem Unternehmen kann es dann egal sein, ob die Angestellten zu Hause bei schlechten Lichtverhältnissen auf ergonomisch miesen Stühlen arbeiten. Auch, ob die Angestellten ihre Pausen einhalten.
Homeoffice: Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen
Aber gerade Pausen sind wichtig im Homeoffice. Denn sonst werden Arbeit und Freizeit eins. Die Gefahr im Homeoffice sei groß, dass sich Menschen permanent unter Druck sehen, noch arbeiten zu müssen, sagt Frank Berzbach. Wenn Computer oder Laptop permanent präsent sind, sei es schwierig, Arbeit und Freizeit klar zu trennen.
"Im ungünstigsten Fall hat man ja weder richtige Arbeitszeiten noch richtige Freizeit."
Deshalb empfiehlt Frank Berzbach, feste Zeiten einzuplanen - eben auch für Pausen, vielleicht einen Spaziergang vor dem Arbeitsbeginn. Es kann auch sinnvoll sein, sich zu Hause einen festen Arbeitsplatz einzurichten. Damit das Homeoffice nicht zur neuen Ausbeutungsstrategie wird, sondern tatsächlich mehr Individualität ermöglicht und selbstbestimmteres Arbeiten. Ob es gelingt und wie, hängt auch vom eigenen Typ ab, sagt Frank Berzbach.
"Fünf Tage Homeoffice ist eine Herausforderung. Dafür ist nicht jeder geeignet. Fünf Tage im Großraumbüro ist für manche Kreative auch eine Herausforderung."
Generelle Antworten gibt es keine, sagt Frank Berzbach. Am Besten sei eine Kombination aus Homeoffice und Arbeit beim Unternehmen vor Ort, sagt der Arbeitspsychologe. Außerdem gibt es für das Arbeiten zu Hause noch gute Lösungen wie das Nutzen eines Coworking-Platzes. Dann hat man trotzdem fast Kollegen, mit denen man zwischendurch quatschen und zusammen Pause machen kann.
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