Die 15-Stunden-Arbeitswoche soll völlig ausreichen, um gut zu leben, sagt der niederländische Autor und Historiker Rutger Bregman. Unsere Reporterin Verena von Keitz hat sich seinen Vorschlag mal genauer angeschaut.
Nur drei Stunden arbeiten pro Tag und am Wochenende frei - das ist wirklich nicht viel, soll aber ausreichen, um gut zu leben. Was wie ein Traum klingt, sei alles kein Problem, sagt der 30-jährige Autor und Historiker Rutger Bregman jüngst in einem Spiegel-Interview. Viele Menschen - darunter oft Banker, Berater und Personaler - würden sagen, dass ihre Arbeit oft sinnlos sei und der Gesellschaft nichts bringe. Es gebe viel Potenzial, die Arbeitszeit zu reduzieren und auch habe der Kapitalismus die Fähigkeit, Jobs zu erfinden, die keiner brauche.
"Da sei sehr viel Potenzial, Arbeitszeit zu reduzieren, weil es einfach so viele Bullshit-Jobs gebe, denn der Kapitalismus habe diese unglaubliche Fähigkeit, Jobs zu erfinden, die keiner braucht."
Geht es nach Rutger Bregman, dann sollte nur noch Arbeit gemacht werden, die wirklich wichtig ist. Und da wäre es gut, wenn wir die nicht stundenweise in die Länge ziehen. Überhaupt könne kein Mensch acht Stunden am Tag kreativ sein.
Frauen kommen der 15-Stunden-Arbeitswoche am nächsten
Die Idee der kurzen Arbeitswoche stammt übrigens nicht von Rutger Bregman, sondern von dem berühmten britischen Ökonom John Maynard Keynes. 1930 hat er in einem Essay vorausgesagt, dass die Menschen im Jahr 2030 nur noch 15 Stunden am Tag arbeiten müssen. Dann wären nämlich alle so reich, dass wir uns das leisten könnten.
Im Jahr 2019 sind wir davon aber noch ein gutes Stück entfernt, auch wenn wir Deutschen im EU-Durchschnitt mit 34,9 Stunden pro Woche mit am kürzesten arbeiten. In der EU arbeiten nur die Niederländer und die Dänen weniger. Am nächsten kommen der Idee einer 15-Stunden-Woche in Deutschland nur die Frauen, da sie oft nur in Teilzeit einer bezahlten Arbeit nachgehen, so unsere Reporterin Verena von Keitz.
"Er stellt sich eine Gesellschaft vor, in der alle nur noch so wenig arbeiten. Er spricht übrigens auch viel über das bedingungslose Grundeinkommen."
Um überhaupt in Richtung 15-Stunden-Arbeitswoche zu kommen, sei das bedingungslose Grundeinkommen eine der Voraussetzungen, so Rutger Bregman. Dass über solche Ideen heute in der Politik geredet wird und auch Wahlkampf damit gemacht wird, stimmt den Niederländer grundsätzlich optimistisch.
Und auch bei den Unternehmen scheint ein Umdenken stattzufinden, was das starre Arbeitszeitenmodell der Acht-Stunden-Woche angeht. Viele Start-Ups locken heute mit zeitflexiblen Modellen und kürzeren Arbeitszeiten. In Bielefeld beispielweise hat eine Agentur die 25-Stunden-Woche getestet und damit gute Erfahrungen gemacht.
Mehr zum Thema Arbeit:
- Arbeitsmarkt - Weniger Hartz-IV-Empfänger – meldet die Agentur | Arbeitslosengeld II und Hartz-IV sind nur zwei Worte für ein und dieselbe Sache: die soziale Grundsicherung. Im Dezember waren bemerkenswert wenige Menschen auf die Zahlungen angewiesen.
- Arbeitsmodelle: Homeoffice: Vorsicht vor Kontrolle und Selbstausbeutung | Immer mehr Angestellte machen Homeoffice: Fast 40 Prozent arbeiten in Ausnahmefällen oder regelmäßig von zu Hause. Das hat Vorteile wie freie Zeiteinteilung, aber auch Nachteile, wenn sich Arbeits- und Freizeit nicht mehr klar trennen lassen.
- Arbeitszeit - Kein Smalltalk, keine Pause - dafür nur fünf Stunden | In Bielefeld gibt es eine Agentur, die gerade die 25-Stunden-Woche testet. Dafür müssen dann alle gut strukturiert und hoch konzentriert arbeiten.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de