Arbeit kann eine Wonne oder eine Mühe sein, sagt der Philosoph Martin Seel. Sie ist aber nicht gleichzusetzen mit unserem Beruf. Im Hörsaal plädiert er dafür, Arbeit anders zu denken.
Wer richtig in den Flow gerät beim Arbeiten, spürt nichts mehr um sich herum. Er geht völlig in seiner Tätigkeit auf. Für sie oder ihn ist es dann eine Wonne, beschäftigt zu sein. Das haben schon die altehrwürdigen Philosophen erkannt.
"Je mehr wir beschäftigt sind, desto mehr fühlen wir, dass wir leben und desto mehr sind wir uns unseres Lebens bewusst."
Der Philosoph Martin Seel schildert uns in seinem Vortrag aber auch die andere Seite, die Mühen der Arbeit: Wie qualvoll es mitunter ist, heutzutage im hektischen und fordernden Berufsleben bestehen zu müssen. Er nennt die Tugenden, die dafür unabdingbar sind: Strebsamkeit, Disziplin, Konzentration, Belastbarkeit, Leidensbereitschaft und Flexiblität. Und er fragt danach, ob wir das wirklich für uns tun.
"Arbeit ist ein vollbringendes Tätigsein, bei dem es um die Verwirklichung externer Zwecke geht."
Auch für die Publizistin Hannah Arendt ist Arbeit eine mühevolle Notwendigkeit. Die 1975 verstorbene Denkerin hat dabei ganz offensichtlich vorausgeahnt, was uns in den nächsten Jahrzehnten, im Zeitalter der Digitalisierung, noch so alles erwartet.
"Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht."
Der Redner plädiert in seinem Vortrag, Arbeit und Tugenden anders zu denken - etwa die Arbeit nicht mehr nur mit dem Beruf in Verbindung zu bringen, sondern mit dem hier noch abstrakten Begriff des Spiels: ein Tätigwerden sozusagen, dass nichts mit "müssen" oder "externen Zwängen" zu tun hat.
Philosophie-Lehrstuhlinhaber Martin Seel von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt hat sein Thema "Wonnen der Arbeit, Mühen der Faulheit: Über die Transformation von Tugenden in Laster und Laster in Tugenden" genannt. Seine Inhalte hat er auf dem Philosophicum im österreichischen Lech am Arlberg vorgestellt.