Immer mehr Menschen wollen weniger arbeiten und mehr Zeit für sich. Teilzeit liegt im Trend. Was kurzfristig verlockend klingt, rechnet sich langfristig allerdings nur für Besserverdienende. Denn: Teilzeit muss man sich leisten können.

Wie viel wollen oder müssen wir arbeiten? Diese Frage stellen sich viele. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Beschäftigten in Teilzeit jedenfalls zugenommen: Mitte 2022 arbeiteten rund 10,2 Millionen Menschen in Teilzeit, das sind fast 30 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Vor zehn Jahren waren es noch 25 Prozent. Diese Zahlen hat die Bundesregierung auf Anfrage der Linken veröffentlicht.

Das verwundert nicht, denn auf den ersten Blick klingt das Modell Teilzeitarbeit ja auch verlockend: nach Freizeit, Entspannung und gesunder Work-Life-Balance. Viele wollen ihr Leben nicht allein der Arbeit widmen, wollen mehr Zeit für Hobbies und Freunde, studieren nebenbei oder machen eine Weiterbildung.

Nicht jeder geht freiwillig in Teilzeit

Doch nicht jeder wechselt freiwillig in die Teilzeit: Manche - überwiegend Frauen - haben andere Gründe, weshalb sie einfach nicht in Vollzeit arbeiten können. Gerade bei den Frauen ist der Anteil in den letzten zehn Jahren deutlich nach oben gegangen, sagt unser Reporter Martin Krinner.

"2012 waren gut 44 Prozent der arbeitenden Frauen in Teilzeit. Heute sind es fast 50 Prozent. Aber nur für ein gutes Viertel von ihnen ist das auch der ehrliche Wunsch. Die allermeisten Frauen würden eigentlich lieber mehr arbeiten."
Martin Krinner, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Ein Mangel an Vollzeitstellen ist allerdings nicht das Problem. Der Hauptgrund ist die unbezahlte Care-Arbeit, die in den allermeisten Fällen nach wie vor von Frauen geleistet wird: Haushalt, Kinderbetreuung, Pflege von alten Menschen oder Betreuung von Menschen mit Behinderung.

Und was auffällt: Gerade in Berufen, die mit Haushalt oder Erziehung zu tun haben, ist die Zahl der Teilzeitkräfte am höchsten – also in der Gastronomie, bei Reinigungskräften oder den Erzieherinnen und Erziehern.
"Wenn ich Teilzeit mache und nicht ein besonders hohes Einkommen habe, dann reduziert das die Rente deutlich."
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des gemeinnützigen Verbraucherportals Finanztip

Es mag also zwar sehr verkockend klingen, seine Arbeitszeit auf 80, 70 oder gar 50 Prozent zu reduzieren. Aber: Weniger Arbeit heißt in der Regel auch weniger Verdienst. Wer ohnehin in einem schlechter bezahlten Beruf tätig ist, spürt das sofort.

Teilzeit als Lebensmodell reduziert Rente deutlich

Selbst wenn das Gehalt im Moment noch zum Leben reicht, steckt in der Teilzeitarbeit eine weitere Gefahr, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur bei Finanztip. Und zwar auf lange Sicht - also dann, wenn wir alt sind: "Die deutsche Rentenversicherung funktioniert so, dass abhängig davon, wie viel Einkommen man hat, eingezahlt wird in die Rentenkasse und davon auch wieder abhängt, wie viel ich als Rente rauskriege."

"Wer Jobs sharen will, der muss sich einen möglichst gut bezahlten Job suchen, damit das Sharen ihn noch über die Runden bringt – und zwar sowohl im Erwerbsleben, als auch später in der Rente."
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des gemeinnützigen Verbraucherportals Finanztip

Teilzeitarbeit als Lebensmodell ist also eher etwas für Besserverdienende. Bei Normalverdienenden empfiehlt es sich nur für den Übergang – so für fünf bis acht Jahre, sagt unser Reporter. Es mache Sinn für eine kleine Auszeit, die wir uns leisten wollen. Oder wenn wir uns nebenbei weiterbilden. "Danach müssen wir wieder ran, jedenfalls dann, wenn das Geld später im Alter nicht knapp werden soll."

Shownotes
Downshifting
Warum Teilzeit nicht immer eine gute Idee ist
vom 11. August 2023
Autor: 
Martin Krinner, Deutschlandfunk-Nova-Reporter