Antisemitismus hat viele Facetten. Gerade unter Muslimen ist er weit verbreitet. In Deutschland beginnen einige von ihnen, sich damit auseinanderzusetzen und besuchen das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz.
Burak Yilmaz ist Muslim, 30 Jahre alt, Pädagoge und arbeitet als Sozialarbeiter in Duisburg-Obermarxloh, wo er auch geboren ist. Das Viertel liegt direkt neben dem Stadtteil Marxloh - bundesweit als Problemviertel bekannt, wo von den rund 20.000 Einwohnern über die Hälfte Ausländer ohne deutschen Pass leben. Bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 haben 30 Prozent für die AfD gestimmt. Ein Stadtteil voller Probleme, Klischees, Armut, Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Vorurteilen, Rassismus und Antisemitismus.
Antisemitismus Teil der Erziehung
Burak Yilmaz arbeitet in verschiedenen Duisburger Stadtvierteln - immer mit Jugendlichen und jungen Migranten. Aus dieser Arbeit ist auch das Projekt "Junge Muslime in Auschwitz" entstanden. Unterstützt wird das Projekt zu zwei Dritteln vom Land Nordrhein-Westfalen. 2012 fährt Burak Yilmaz zum ersten Mal mit einer Jugendgruppe zur Holocaust-Gedenkstätte nach Auschwitz-Birkenau. Sicher sind nicht alle Muslime antisemitisch, aber Burak Yilmaz spricht aus Erfahrung, wenn er sagt, dass Antisemitismus unter Muslimen sehr verbreitet ist. Weil Judenfeindlichkeit in manchen Familien Teil der Erziehung ist.
"Ich habe generell schon sehr lange, von Kindheit an, antisemitische Aussagen wahrgenommen in meinem Umfeld. Und selber welche getroffen, natürlich, wofür ich jetzt geradestehen möchte, weil es immer unüberlegt war."
Die Jugendlichen, mit denen Burak Yilmaz arbeitet, bestätigen, dass sie von klein auf antisemitische Aussagen gehört haben. Sie davon zu befreien, ist schwer. Deshalb ist der Besuch in Auschwitz nur ein Teil der Jugendarbeit. Fünf junge Muslime haben sich im Rahmen des Jugendprojekts "Heroes" und "CoExist" mit dem Antisemitismus auseinandergesetzt und ein Theaterstück darüber geschrieben, das sie in einem jüdischen Gemeindezentrum aufführen werden. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Dominik Peters hat sie bei den Proben dazu besucht.
Bei der Auseinandersetzung geht es nicht nur um die deutsche Geschichte, Nazi-Deutschland und die Geschichte der Juden, sondern auch um ihre eigene Geschichte: Wo kommen meinen Großeltern her und was haben sie zur Zeit des Nationalsozialismus gemacht? Wann und warum ist meine Familie nach Deutschland gekommen?
"Ich kann selbst von mir behaupten, dass ich auf gewisse Sachen, Aussagen, viel empfindlicher reagiere, allein durch die Tatsache, dass ich dort war."
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