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Ohne Sicherheitsgarantien würde es keinen Frieden für die Ukraine geben, sagt der ukrainische Präsident Selenskyj. Aber was meint er genau damit, wieso weigert sich die USA, diese zu versprechen, und was könnte Europa jetzt übernehmen?

Im russischen Krieg gegen die Ukraine wurden seit 2014 schon häufig Waffenstillstandsabkommen von beiden Seiten unterschrieben und von Russland gebrochen. Die Ukrainer*innen wünschen sich daher ein Sicherheitsgarantie, um nicht weiterhin von Russland angegriffen zu werden, falls ein Waffenstillstand verhandelt werden würde. Das sagt Rebecca Barth, Deutschlandfunk-Korrespondentin in der Ukraine.

Sie berichtet, wie schlimm die Lage der Bewohner*innen im Kriegsgebiet ist und erklärt, wie sehr sich die Ukrainer*innen einen stabilen Frieden herbeisehnen. Stabil ist ein Waffenstillstand aber nicht, solange das Ziel von Russland weiterhin ist, die Ukraine einzunehmen, erläutert Rebecca Barth. Bisher gab es aus dem Kreml in Moskau kein Friedensangebot, sagt sie.

"Und da ist die ukrainische Position immer, dass das günstigste für alle Beteiligten eine NATO-Mitgliedschaft wäre."
Rebecca Barth über die Sicherheitsgarantie aus Sicht der Ukraine

Um bei einem Waffenstillstand weiterhin sicher zu sein, braucht es also laut dem ukrainischem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Sicherheitsgarantien. Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik, erläutert, dass auch aus Perspektive der Bundesregierung ein Sicherheitsabkommen unumgänglich ist.

Doch US-Präsident Donald Trump hat in den vergangenen Tagen beim Treffen mit Selenskyj klargemacht, dass die USA der Ukraine dieses Sicherheitsabkommen auch gegen die Aussicht auf ukrainische Rohstoffe verweigern, sagt Claudia Major. Die USA haben sogar ihre Militärhilfe ausgesetzt.

Unterschiedliche Friedensinteressen

Die USA, die Ukraine und Europa haben unterschiedliche Ziele, die sie mit einem Frieden in der Ukraine verfolgen, erklärt Claudia Major. Und das ist ein großes Problem beim Versuch, Frieden herzustellen.

Die Interessen der USA

Die USA möchten sofort ein Ende des Krieges. Donald Trump wolle einen Deal, damit die Kampfhandlungen so schnell wie möglich aufhören und somit nicht weiter Geld der USA für die Ukraine ausgegeben wird. Die US-Regierung hat klargemacht, dass sie die Verantwortung für die Erhaltung des Friedens im Anschluss an ein Abkommen bei Europa sehen.

Ihre Vorstellung: Nach einer Aushandlung eines Waffenstillstands sollen europäische Truppen den Frieden sichern. Für einen Frieden in der Ukraine hat Präsident Trump laut Claudia Major auch in Kauf genommen, dass die Ukraine kapituliert und damit aus Sicht von Russland der Verlierer ist.

Die Interessen der Ukraine

Die Ukraine möchte ein langfristiges nachhaltiges Kriegsende. Das bedeutet, dass Russland sein Kriegsziel, die Ukraine einzunehmen, und die bisher annektierten Gebiete aufgibt.

Ihre Vorstellung: Die Ukraine möchte zu diesem Zweck am liebsten einen NATO-Beitritt. Dieser Beitritt würde ihnen eine Sicherheitsgarantie verschaffen, durch den Artikel 5 der NATO. Dieser regelt, das sich die Partner im Kriegsfall unterstützen. Außerdem ist es der Wunsch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, weiterhin Hilfen aus den USA und Europa zu erhalten, um den Krieg bis zu einem sicheren Frieden für die Ukraine weiterführen zu können.

Die europäischen Interessen

Europa möchte ebenfalls Sicherheit für alle Länder in Europa und auch einen stabilen Frieden für die Ukraine erlangen. Jedoch wollen nicht alle europäischen Ländern, dass die Ukraine der NATO beitritt, weil sie dann umgehend aktiv in den Ukraine-Krieg eintreten müssten.

Das liegt daran, dass sich die Ukraine in einem aktiven Krieg befindet. Ebenfalls müsse es vor einem Beitritt eine technische Überarbeitung der ukrainischen Armee beispielsweise aus deutscher Sicht geben, erklärt Rebecca Barth. Aktuell verhandeln unter anderem die britische und die französische Regierung mit Trump über eine Kompromisslösung.

"Vor allem Frankreich und Großbritannien haben den Vorschlag vorgebracht, vorerst einen einmonatigen Teil-Waffenstillstand zu haben, in der Hoffnung, dass man in diesem Monat einem möglichen kompletten Waffenstillstand aushandeln kann."
Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politk

Ihre Vorstellung: Die europäischen Länder sichern den Frieden. Dazu soll es zunächst einen einmonatigen Waffenstillstand geben, während dem ein stabiler Frieden verhandelt wird. Im Anschluss daran sichert europäisches Militär in der Ukraine den Frieden. Die europäischen Regierungen versuchen, die US-Regierung dazu zu bringen, wenigstens in kleinen speziellen militärischen Bereichen die Ukraine und Europa weiterhin zu unterstützen. Das sind Bereiche, in denen die europäischen Länder nicht so gut militärisch aufgestellt sind, zum Beispiel die Aufklärung - egal ob Zielerfassung oder Raketenabwehr.

Bisher gibt es aber weder von US-amerikanischer Seite noch von Russland Anzeichen, dass der Krieg auch ohne eine Kapitulation der Ukraine beendet werden könnte, sagt Claudia Major.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Angriffskrieg
Warum die Ukraine Sicherheitsgarantien braucht
vom 03. März 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik
Gesprächspartnerin: 
Rebecca Barth, Deutschlandfunk-Korrespondentin in der Ukraine