Die Bilder der polnischen Willkommenskultur für die Menschen aus der Ukraine stehen im krassen Gegensatz zu dem, was Flüchtende aus dem Irak, Syrien oder anderen Krisenregionen in Polen oder an der Grenze zu Polen erleben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat zur Situation dieser Menschen jetzt einen Bericht vorgelegt – und der wirft gar kein gutes Bild auf Polen.
Krasser Kontrast
Das, was Amnesty International in dem gerade veröffentlichten Bericht "Poland: Cruelty not compassion, at Europe's other borders" schreibt, klingt allerdings völlig anders: Die Menschenrechtsorganisation wirft Polen darin vor, Flüchtlinge aus dem Irak, Syrien, Afghanistan oder anderen Krisenregionen überhaupt nicht gut zu behandeln – teilweise sogar zu misshandeln, berichtet Jakob Vogel aus den Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten.
Amnesty schreibt unter anderem, dass polnische Grenzschützer Schutzsuchende, die aus Belarus über die polnische Grenze gekommen sind, zusammengetrieben und gewaltsam wieder zurück nach Belarus gedrängt haben – teilweise unter Androhung von Waffengewalt. Das sind sogenannte Pushbacks. Und die sind illegal, weil Menschen so an ihrem Grundrecht auf Asyl gehindert werden.
"Schutzsuchende aus Belarus wurden zurückgedrängt, sagt Amnesty. Solche sogenannten Pushbacks sind aber höchst illegal, weil Menschen so an ihrem Grundrecht auf Asyl gehindert werden."
Doch nicht nur die Situation an der Grenze selbst ist besorgniserregend, schreibt Amnesty. Auch den Menschen, die es bis nach Polen hineingeschafft haben, geht es alles andere als gut. Viele von ihnen kämen dort nämlich in Haftzentren, berichten die Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler. Und in diesen Unterbringungen herrschten katastrophale Bedingungen.
Unmenschliche Bedingungen in polnischen Haftzentren
Im Amnesty-Bericht wird zum Beispiel das Haftzentrum in Wędrzyn erwähnt. Es liegt gar nicht weit weg von der deutschen Grenze, 50 Kilometer von Frankfurt/Oder entfernt. Dort sind bis zu 600 Schutzsuchende aus Syrien, dem Irak und anderen Krisenländern untergebracht – auf engstem Raum: Laut Amnesty mussten sich dort zeitweise 24 Männer acht Quadratmeter teilen.
"Im Haftzentrum in Wędrzyn mussten sich laut Amnesty zeitweise 24 Männer acht Quadratmeter teilen. Das sind drei Menschen pro Quadratmeter."
Noch erschreckender ist aber vor allem, was Amnesty über den Umgang mit den Schutzsuchenden berichtet: In dem Haftzentrum in Wędrzyn sollen Flüchtlinge von Wärtern mit den Worten "Willkommen in Guantanamo" begrüßt worden sein. Die Menschen dort seien beleidigt, rassistisch angegangen oder anderweitig psychisch misshandelt worden.
Vorwurf: Rassismus und psychische Misshandlung
Auch aus einem anderen Haftzentrum in der Nähe von Warschau gibt es verstörende Informationen: Schutzsuchende berichten, dass die Wärter dort exzessive Strafen gegen sie verhängt hätten, zum Beispiel Isolationshaft – und zwar nur deshalb, weil sie nach Handtüchern oder nach mehr Essen gefragt hätten.
Amnesty hat für den Bericht Augenzeugenberichte gesammelt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation haben also mit den Schutzsuchenden in Polen selbst gesprochen: mit Menschen, die gerade in solchen Haftzentren leben müssen, und mit Menschen, die abgeschoben wurden.
Appelle an Polen, UN und EU
Amnesty weist deutlich auf die Ambivalenz zwischen der Willkommenskultur und den Menschenrechtsverletzungen hin, die im selben Land stattfänden. Die Herzlichkeit, mit der Menschen aus der Ukraine in Polen aufgenommen werden, zeige ja, wie es gehen kann, schreibt die Organisation.
"Amnesty appelliert an die polnische Regierung, diese Aufnahmebereitschaft doch bitte allen Menschen entgegenzubringen."
Amnesty appelliert an Polen und die dortige Regierung, die Aufnahmebereitschaft, die man den Ukrainer*innen entgegenbringt, doch bitte allen Menschen zu gewähren - auch denen, die aus anderen Teilen der Welt vor Kriegen und Gewalt geflohen sind.
Ein weiterer Appell richtet sich an die internationale Gemeinschaft und speziell an die EU: Beide sollen sich in Polen mit Nachdruck für eine menschenwürdige Aufnahme und Gleichbehandlung aller Geflüchteten einsetzen, so die Menschenrechtsorganisation.