Eine Person bekommt unerwarteterweise etwas geschenkt und freut sich riesig. Und wir freuen uns, dass sie sich freut. Doch wenn das Schenken mit einem Post auf Social Media verbunden ist, ist es dann eine weniger gute Tat?
Fast eine Million Dollar – so hoch soll das Budget für das Musikvideo von Drakes Song "God‘s Plan" gewesen sein. So steht es zumindest im Vorspann. Das ist für ein nicht sehr aufwendig gedrehtes Video, in dem Drake mit seinen Friends durch die Stadt zieht, ziemlich viel Geld.
"Anything you want in this store is for free!"
In dem Video hat Drake allerdings wahrlich die Spendierhosen an: "Anything you want in this store is for free!" ruft er den Menschen zu und bezahlt danach alles, was sie in den Einkaufswagen gepackt haben. Die Beschenkten jubeln verständlicherweise. Und im Video geht’s dann auch noch weiter mit dicken Geschenken. Und das ist dann wohl die Erklärung für die hohen Kosten des Musikvideos.
Empathie und Likes gehen Hand in Hand
Ein paar Nummern kleiner ist Patrick Legun unterwegs. Auf Instagram ist er unter @humanvoll am Start. Knapp 700.000 Likes hat er für ein Video bekommen, in dem er eine Bäckerei halb leerkaufen möchte. Dazu kommt es aber nicht, weil die Verkäuferin ihm die Backwaren schenkt. Die werden dann an obdachlose Menschen verteilt.
"Einerseits mache ich Aktionen, die Menschen ein Lächeln in ihrem Alltag schenken sollen. Andererseits möchte ich Menschen die Augen öffnen, dass es da draußen noch gute Menschen gibt.“
Patrick Leguns Videos bewirken ein Glücksgefühl bei den Zuschauer*innen, erklärt Anne Böckler-Raettig, Psychologin und Professorin an der Uni Würzburg. Sie beschreibt das Verhalten als "prosozial", weil eine Win-Win-Situation entsteht: Der Instagramer bekommt Likes und Aufmerksamkeit, die "auserwählte" Person hingegen wird beschenkt.
Schenken hat immer etwas Willkürliches
Dennoch ist das Festhalten von Wohltaten mit der Kamera ein zweischneidiges Schwert, so Anne Böckler-Raettig. Einerseits können sie andere Menschen inspirieren, andererseits können sie bei den Betrachter*innen Gedanken auslösen wie: Wenn andere helfen, muss ich es nicht auch noch machen. Auch in Hinblick auf die beschenkte Person gibt die Psychologin zu bedenken, dass sich ein Gefühl von Ohnmacht oder Erniedrigungen einstellen kann.
"Da kommt einer, der bereit ist, mir einen Koffer mit 10.000 Euro zu geben. Doch um das Geld zu bekommen, muss ich mich zum Affen machen."
Die Problematik, die mit dem Machtgefälle zwischen Beschenktem und Schenkendem einhergeht, besonders wenn noch eine Kamera dabei ist, kann Patrick Legun nachvollziehen. Dennoch ist es für ihn eine Frage der Perspektive: Er sagt, er fokussiert sich lieber darauf, dass da eine Person oder eine Randgruppe ist, die Hilfe braucht.
Patrick Legun filmt seine Aktionen von Anfang an, fragt jede gefilmte Person danach aber, ob er das Video hochladen darf. Die meisten seien damit einverstanden. Für ihn steht fest: "Wenn man Gutes tut – zumindest ist das meine eigene Erfahrung – tut man auch was für sich selbst. Ich habe mich sehr weiterentwickelt dadurch, dass ich diese Aktion mache."