Mara und Merwan sind an lange Arbeitstage ohne viele Pausen gewöhnt. Haare schneiden und färben ist ihre Leidenschaft. Trotzdem verdienen sie in ihrem Job wenig Geld und auch das Image ihrer Arbeit könnte besser sein: Sie wünschen sich mehr Anerkennung und faire Löhne.
Mara und Merwan freuen sich, wenn ihre Kund*innen den Salon mit einem Lächeln verlassen. Die beiden arbeiten als Friseur*innen in Heidelberg. Sie lieben ihre Arbeit, sagen sie.
Mara macht es am meisten Spaß, wenn sie neue Rezepturen zum Haarefärben anwenden kann und auch die verschiedenen Techniken, die sie drauf hat. Sie mag es, kreativ zu arbeiten. Merwan freut sich, wenn sich seine Kund*innen nach einem Haarschnitt bei ihm wieder wohlfühlen.
Trotz Vollzeitjob kaum Geld
Der Blick auf ihre Lohnabrechnung ist für sie beide ernüchternd. Mara und Merwan sind ausgebildete Friseur*innen, arbeiten regelmäßig länger als die im Vertrag festgelegten 40 Stunden und sind in gehobenen Salons angestellt. Trotzdem haben sie am Ende eines Monats kaum Geld zum Leben.
Merwan verdient gerade mal so viel, wie der neue gesetzliche Mindestlohn vorschreibt: Rund 1900 Euro brutto monatlich stehen auf seiner Lohnabrechnung. Mara hat nach einer teilweise hartnäckigen Diskussion mit ihrem Arbeitgeber 2100 brutto ausgehandelt. Nach Abzug von Miete, Spritgeld, Versicherungen und anderen Kosten bleiben ihnen jeweils 200 bis 300 Euro über. Das ist etwa so viel, wie die Kund*innen der beiden für einen Haarschnitt ausgeben.
"Wir arbeiten laut Vertrag 40 Stunden die Woche. Es ist aber oft mehr, weil man oft keine Pause macht oder nur kurz Pause. Wenn man dann noch eine halbe Stunde länger bleibt, summiert sich das sehr schnell."
Einen Teil von diesem Geld legen Mara und Merwan gerade auch noch zur Seite, weil sie auf die Meisterschule möchten. Dafür brauchen sie etwa 6000 Euro pro Person. Wenn sie ihren Meisterbrief dann haben, möchten die beiden zusammen einen Salon aufmachen. Mara und Merwan sind auch privat ein Paar. Sie haben sich vor ihrer Ausbildung zum*r Friseur*in bei einem anderen Job kennengelernt.
Was fehlt: fairer Lohn und Anerkennung
In ihrem Salon möchten sie es einmal anders machen: Dort sollen die Friseur*innen fair für ihre Arbeit bezahlt werden, sagen sie. Für Fortbildungen und Arbeitsmaterial sollen ihre Mitarbeitenden zum Beispiel nichts draufzahlen müssen.
Ihre Mitarbeiter*innen möchten sie für ihre Arbeit auch stärker wertschätzen, als sie es gerade selbst erleben. Mara hofft, dass sich das Image ihres Jobs grundsätzlich bald verändert. "Als ich Abi gemacht habe, ging es darum, was wir später machen möchten. Wenn ich dann gesagt habe, dass ich vielleicht eine Friseurausbildung machen möchte, hieß es bei allen: 'Wofür hast du dann dein Abi gemacht? Voll die Verschwendung!'"
Erst die Corona-Pandemie hat bei manchen Menschen das Image einer Friseurin gewandelt, findet Mara. Als die Friseursalons während der Lockdowns geschlossen waren, hätten mehr Menschen erkannt, wie anspruchsvoll das Handwerk einer Friseurin ist.
Die beiden würden trotzdem jederzeit wieder eine Ausbildung zum*r Friseur*in machen. "Gerade, wenn man eine Leidenschaft hat, finde ich, sollte man sie verfolgen und sich nicht verunsichern lassen.", sagt Mara. Aufstiegsmöglichkeiten gebe es im Job immer.
"In jedem Beruf – auch in einem schlecht bezahlten – kann man sich hocharbeiten. Nur weil man Friseur ist, heißt das nicht, dass man sein Leben lang schlecht verdienen muss."
Dieser Beitrag ist Teil der Denkfabrik "Von der Hand in den Mund – Wenn Arbeit kaum zum Leben reicht".
Dieses Jahr beschäftigen wir uns mit Menschen, die arbeiten gehen, deren Verdienst aber nicht reicht, um zu sparen. Diese Jobs haben sie sich in vielen Fällen ausgesucht, weil sie die Arbeit, die sie tun, wirklich lieben. Solche Menschen, ihre Berufe, Perspektiven und Überlegungen stellen wir in dieser Reihe vor. #lovemyjob wird in loser Reihe fortgeführt.