Sabrina hat drei Jahre in der ambulanten Pflege gearbeitet und ist dabei über ihre Grenze gegangen. Aktuell ist sie krankgeschrieben. Was wir tun können, wenn wir merken, dass es im Job nicht mehr geht und wie wir mit unseren Vorgesetzten darüber ins Gespräch gehen, weiß die Wirtschaftspsychologin Christina Guthier.
Die Trennung von ihrem langjährigen Partner, ein Umzug und ein Jobwechsel – 2020 war ein ziemlich stressiges Jahr für Sabrina. Mehrere Jahre hat sie im Kindergarten gearbeitet, den Job wegen zu hoher Belastung, Personalmangel und Überstunden dann aber aufgegeben.
Pflegerin, Therapeutin und Psychologin in einem
Von ihrem neuem Job in der ambulanten Pflege habe sie sich dann erhofft, dass es besser werde. Aber Fehlanzeige, sagt sie: "Pustekuchen! Ab da ging es dann eigentlich nur noch bergab."
"Die sozialen Kontakte sind auch weggefallen, das Arbeiten mit der Maske hat es auch noch mal doppelt so anstrengend gemacht. Der Pflegeberuf an sich ist körperlich schon sehr fordernd – und auch für die Psyche."
Zu ihrem Pech kam kurz nach dem Jobwechsel die Corona-Pandemie. Die Pflegeberufe waren davon besonders hart betroffen. Sabrina habe keine Zeit mehr für sozialen Kontakte gehabt, der Beruf mit Maske wurde körperlich doppelt anstrengend und auch die Psyche habe gelitten. "Die Patienten waren sehr einsam. Das heißt, du bist irgendwie Pfleger, Therapeut und Psychologe in einem", sagt sie.
Stresssymptome wie Kopfweh und Unterleibsschmerzen
Kein Tag ohne Kopfweh, Schmerzen in der Bauchregion und im Unterleib – die Warnsignale ihres Körpers habe Sabrina viel zu lange ignoriert, sagt sie. Sie habe sie als eine Phase abgetan mit der Hoffnung, dass sich die Situation irgendwie schon zum Besseren ändern werde.
"Ich hatte keinen Tag, wo ich keine Kopfschmerzen hatte. Bei mir hat es dann auch angefangen mit Bauchbeschwerden beziehungsweise Krämpfen im Unterleib."
Der Wendepunkt kam dann im August 2023, sagt sie. Bis dahin habe sie auf der Arbeit zwar funktioniert, aber plötzlich gemerkt, dass sie Sachen vergesse. Auch habe ihr die Kraft für alltägliche Dinge wie Duschen oder Kochen gefehlt. Die Erschöpfung, meint Sabrina, geht ungefähr zu 80 Prozent von der Psyche aus, der Körper zieht dann nach. Und so war es auch bei ihr.
Schließlich hat Sabrina die Reißleine gezogen und den Job gekündigt. Inzwischen ist sie mit einem Burnout krankgeschrieben. Richtig erholt sei sie aber noch lange nicht. Sie habe gute und schlechte Tage. "Ich dachte ja eigentlich, das ist innerhalb von zwei Monaten erledigt", sagt sie. Doch die Erschöpfung ist immer noch groß, der Körper braucht Zeit.
Kipppunkt: Wenn die Erholung zu kurz kommt
Die richtige Work-Life-Balance zu finden, sei eine sehr individuelle Sache, sagt die Wirtschaftspsychologin Christina Guthier. Als Selbständige sei für sie zum Beispiel ein wichtiger Punkt, dass Grenzen zwischen Arbeit und Haushaltsaufgaben verschwimmen können. Andere Menschen würden dagegen eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben brauchen. Jeder müsse das für sich selbst herausfinden und auf der Arbeit schauen, welche Möglichkeiten oder Flexibilität es dafür gebe.
"Spätestens wenn Symptome dazu kommen wie Schlafschwierigkeiten, irgendwelche Infekte oder Rückenschmerzen, dann ist es fast schon akut mit der Erschöpfung."
Stressige Phasen im Job kommen vor, sie sollten aber kein Dauerzustand sein. Wann aber wissen wir, dass wir eine Belastungsgrenze erreicht haben? Christina Guthier empfiehlt, sich erst mal ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie man sich erholt. Das könne Sport sein, TV gucken oder Freunde treffen. Wenn diese Aktivitäten geringer werden, dann sei das ein erstes Signal. "Wenn dann Symptome dazu kommen wie Schlafschwierigkeiten, irgendwelche Infekte oder Rückenschmerzen, dann ist es ja fast schon akut mit der Erschöpfung", sagt sie.
Unnötige Erschöpfung durch Unklarheiten im Job
Die Expertin empfiehlt in einer Art Tagebuch festzuhalten, welche Arbeitsaufgaben in welcher Zeit erledigt wurden. Wenn sich hier ein Muster feststellen lasse – dass also beispielsweise die Kombination von Aufgaben und Arbeitszeit unverhältnismäßig ist – dann sei das eine gute Grundlage, um in ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zu gehen – ein gutes Vertrauensverhältnis vorausgesetzt. Die Erfahrung der Psychologin ist, dass viel unnötige Erschöpfung durch Unklarheiten in den Rollen und den Arbeitsprozessen entsteht.
"Meine Erfahrung ist, dass viel unnötige Reibung und Erschöpfung dadurch passiert, dass Unklarheiten in den Rollen bestehen oder auch in den Prozessen."
Wenn nicht genügend auf die Erschöpfung eingegangen werde und die Arbeit nicht derart umgestaltet werde, dass sie besser zu einem passt, dann sei natürlich auch die Kündigung eine Option. "Gerade jetzt mit Fachkräftemangel haben qualifizierte Personen mittlerweile eine große Auswahl, anderweitig Jobs zu finden – mit der Hoffnung, dass die Arbeitskultur dort mehr hergibt", sagt Christina Guthier.
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